Spannende Zeiten stehen in der Gesundheits- und Krankenpflege bevor. Michaela Dorfmeister, Direktorin der Schule für allgemeine Gesundheits- und Krankenpflege und Standort-Studiengangsleitung am SMZ-Ost Wien, absolvierte ihr Diplom 1981, in einer Zeit, in der pflegenden Personen noch wenig Verantwortung übertragen wurde: „Ein Vergleich zu früher ist kaum mehr möglich. Wir haben es heute mit einer eigenständig agierenden Berufsgruppe zu tun. Der pflegerische Anteil darin fällt heute geringer, als der Anteil an durchzuführenden Therapiemaßnahmen, Planungs- und Steuerungsaufgaben und aber auch Beratungs- und Schulungsmaßnahmen von PatientInnen und deren Angehörigen aus.“
Zahlreiche frühere, ausschließlich ärztliche Tätigkeiten fallen nun den Gesundheits- und Krankenpflegepersonen zu. Seit 2016 ist dies in der GuKG-Novelle gesetzlich geregelt und verankert. Wer meint, zur Blutabnahme oder zur Katheterisierung kämen ÄrztInnen, irrt. „Auch der Mitverantwortlichkeitsbereich hat sich enorm verbreitert. Tatsächlich sind nun auch medizinisch-therapeutische Interventionen – wie die Anpassung der Insulin-, Schmerz- und der blutgerinnungshemmenden Therapie in den Tätigkeitsbereich von Gesundheits- und Krankenpflegeperson gefallen. Diese Regelung ist in der Geschichte der Krankenpflege sicherlich ein Meilenstein“, so die Direktorin.
Beschränkten sich frühere Einsatzmöglichkeiten auf die Hauskrankenpflege oder die stationäre Betreuung, so sind heute ausgebildete Kräfte in jeder Sparte gefragt. „Der Beruf professionalisiert sich zusehends. Der Einsatz erfolgt in der stationären Pflege, in Primärversorgungszentren und in der Hauskrankenpflege genauso wie an Beratungsstellen oder Bildungseinrichtungen. Dabei stehen wir erst am Anfang des strukturellen Wandels im Gesundheitssystem. Die Gesundheits- und Krankenpflege ist ein verantwortungsvoller, abwechslungsreicher Beruf, in dem viele Entscheidungen getroffen werden müssen. Es geht um eine organisatorische Leistungsbereitschaft, die in einer Leitungsverantwortung münden kann.“ Aktuelle Problemlagen in der Gesundheitsversorgung wurzeln in der Ungleichversorgung Stadt versus Land, den explodierenden Kosten im Gesundheitswesen, dem Überhandnehmen von chronischen Erkrankungen bei steigender Überalterung der Gesellschaft. Diese Umstände machen deutlich, dass die vorherrschenden Versorgungsstrukturen am Gesundheitssektor brüchig geworden sind. Auch haben es PatientInnen in der Dichte an Versorgungsstellen nicht immer leicht, sich gleich an die richtige Stelle zu wenden. Zuerst zum praktischen Arzt oder praktischen Ärztin, zu einer Beratungsstelle oder gleich ins Spital? „Das wäre beispielsweise der Kerngedanke von Primärversorgungszentren. Solche - wie sie 2016 als Pilotprojekte in Oberösterreich schon errichtet wurden - erheben als erste Anlaufstelle anhand der Krankheitssymptome der PatientInnen die bedarfsgenaue Betreuungsform. Das erspart aufwändige Administrationswege und verhindert auch den einen oder anderen unnötigen Spitalsaufenthalt.“
„Das enorme Spektrum, das Gesundheits- und Krankenpflegepersonen zu leisten haben, ist in vielfacher Hinsicht komplex. Es müssen weitreichende Entscheidungen getroffen werden und zudem werden die organisatorischen Funktionen in Zukunft bedeutsamer, weil es unterschiedliche Versorgungspunkte gibt. Die Ausbildung zum gehobenen Dienst der Gesundheits- und Krankenpflege braucht beides, nämlich Praxisdisziplin und Wissenschaft, um den neuen Kompetenz-Anforderungen gerecht werden zu können.“ Junge Menschen, die sich für diesen Beruf entscheiden, steht eine Vielzahl an Möglichkeiten offen. „Die Ausbildung schlägt gleich drei Fliegen mit einer Klappe: die universitäre Nähe, die eine Weiterqualifizierung ermöglicht, bei gleichzeitig abgeschlossenem Beruf nach drei Jahren. Und eine Ausbildung mit Jobgarantie.“