Umweltgifte und Allergene – auf Zellebene betrachtet

Rund 20 Prozent der weltweiten Bevölkerung leiden an Allergien. Verstärkt durch den Klimawandel und die Globalisierung, gewinnt das Thema Allergien immer mehr an Bedeutung. Forscher*innen des Kompetenzzentrums für Molecular Biotechnology untersuchen nun in einem vierjährigen, von der Stadt Wien – MA23 geförderten Projekt die Auswirkungen von Umweltgiften und Allergenen auf die Zellen in den Schleimhäuten von Nase und Lunge. Besonderes Interesse gilt dem Zusammenwirken von Luftschadstoffen und Allergenen.

Längere Pollenflugsaisonen, veränderte Allergenquellen

Mit dem Frühling verbinden viele Allergiker*innen eine mitunter starke Beeinträchtigung ihres Wohlbefindens. In den letzten Jahren werden diese Perioden der Belastung immer länger. Die Erderwärmung führt zu früher einsetzenden und wesentlich längeren Pollenflugsaisonen. Dazu kommt, dass neue Allergenquellen in unseren Breiten heimisch geworden sind. Ein Beispiel dafür ist das Unkraut Ragweed, eine ursprünglich in Nordamerika beheimatete Pflanze, die bei empfindlichen Personen starke Reizungen verursacht und noch dazu die Pollenbelastung bis in den Herbst hinein verlängert. Umweltgifte können zudem die Pollenproduktion und die Ausprägung der Allergene in Pollen verändern.

Immer mehr Menschen leiden an Allergien. Dennoch sind grundlegende Mechanismen, die in der Zelle nach dem Kontakt mit dem Allergen ablaufen, noch viel zu wenig erforscht. Das wollen wir ändern.
Portrait Marianne Raith

Marianne Raith

Forscherin am Kompetenzzentrum für Molecular Biotechnology und Lehrende in den Studiengängen Molekulare Biotechnologie und Molecular Biotechnology

Epithelzellen reagieren auf eindringende Allergene

Obwohl immer mehr Menschen von Allergien betroffen sind, sind viele Vorgänge die einer Allergie auf der Zellebene zugrunde liegen, noch nicht ausreichend erforscht. Daher untersuchen Forscher*innen der Forschungsgruppe Immunologie am Kompetenzzentrum für Molecular Biotechnology respiratorische Epithelzellen genauer, also jene Zellen in den Schleimhäuten von Nase und Lunge, die als erstes mit Allergenen in Kontakt kommen. „Wir erhoffen uns mehr grundlegende Erkenntnisse über die Vorgänge, die nach dem Allergenkontakt ablaufen und in weiterer Folge über mögliche Ansätze für eine Therapie," erläutert Marianne Raith, Leiterin des Projekts. "Zusätzlich wollen wir uns ansehen, wie sich Feinstaub auf Allergene auswirkt und ob sich durch das Eindringen des Feinstaubs in die Atemwege die Genexpression in den Epithelzellen verändert", führt Raith weiter aus.

Allergenquellen Gräserpollen, Unkrautpollen und Schimmelpilze

In vorangegangenen Forschungen mit Birkenpollen war es den Biotechnolog*innen gelungen, Gene in respiratorischen Epithelzellen von Allergiker*innen zu identifizieren, deren Aktivität durch Allergenkontakt verändert wird und die daher Schlüsselfunktionen in allergischen Reaktionen erfüllen können. Im aktuellen Projekt liegt der Fokus auf Gräserpollen, Pollen von Unkraut wie Ragweed, oder auch Schimmelpilzen als Allergenquellen. Hier interessiert die Forscher*innen, wie die nasalen und bronchialen Zellen auf diese Allergenquellen reagieren und sich die Interaktion mit den Zellen des Immunsystems gestaltet.

Dem Feinstaub ausgesetzt: Epithelzellen aus Nasen-OP

Für die Versuche greifen die Forscher*innen auf Epithelzellen zurück, die bei Nasen-Operationen an allergischen und nicht allergischen Personen entnommen wurden. Die natürliche Umgebung der Zellen wird in vitro simuliert, in den Zellkulturen werden die Epithelzellen mit den Allergenen konfrontiert und Feinstaub ausgesetzt.

 

Das Projekt Effekte von Umweltgiften und Allergenen auf Respiratorische Epithelzellen wird von der Stadt Wien – MA 23 gefördert. Es läuft seit Oktober 2021 und noch bis Ende September 2025.