Ein Bergdorf, eine Skizze, ein Zentrum für Innovation

Einer der Gesprächspartner von Heimo Sandtner zum Thema "Gründen" war Bundesminister Harald Mahrer, damals Staatssekretär im Bundesministerium für Wirtschaft, Wissenschaft und Forschung, der das Thema Start-up ganz oben auf seiner Agenda führte – Stichwort „No Sleep Till Gründerland No 1“.
Wir wollen, dass Österreich zum Gründerland Nummer 1 in Europa wird. Daher müssen wir schneller von der Idee zum Produkt kommen, die besten Köpfe vernetzen und die entsprechenden Rahmenbedingungen für innovative Unternehmen schaffen. Zudem braucht es Initiativen wie die der FH Campus Wien, die Raum zur Entfaltung geben!
Harald Mahrer bei der Eröffnung des Start-up Corners der FH Campus Wien

Harald Mahrer

Bundesminister für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft

Reif für die Insel 4.0

Die Alpbacher Gespräche waren zu Ende, Heimo Sandtner wieder auf dem Weg nach Wien. Mit im Gepäck eine Idee, die ihn nicht mehr losließ. Zurück an der FH Campus Wien, entwickelte er ein erstes Konzept für eine Start-up Servicestelle. In einer Pause zwischen zwei Bachelorprüfungen entstand dann noch eine Skizze, die es in sich haben sollte: einige Striche und Kreise, eiligst hingeworfen, erkennbar als Insel. Die spontane Pausen­beschäftigung diente allerdings nicht der Urlaubsplanung. Vielmehr entstand darauf Sandtners Vision – eine kreisförmige Industrie 4.0-Insel. Denn – so sein Zugang – ein Start-up Service an der FH Campus Wien sollte wesentlich mehr bieten als die üblichen Beratungsleistungen.

Skizze mit 500m2 weit reichenden Folgen

„Groß denken und auch umsetzen“ haben wir uns selbst zugeschrieben. Auch Heimo Sandtner dachte groß, und zwar an mindestens 500 m². Er dachte an Flächen für Büros und Meetings, Werkstättenräume und, weil dort sehr vieles möglich sein sollte, an eine Smart Factory. Denn mittlerweile waren sowohl das Automatisierungslabor als auch die im Untergeschoß des Hauptstandorts in Wien-Favoriten untergebrachte Werkstätte, in der etwa auch das OS.Car Racing Team seine Formula Student-Autos baute, zu klein geworden. Die Idee war, diese neuen Flächen sowohl gründungsinteressierten Studierenden als auch Absolvent*innen der FH Campus Wien zur Verfügung zu stellen.

Das brauchen wir!

Die Sache hatte nur noch einen Haken. Sie musste finanziert werden, sprich, das O. K. von Horst Rode, dem CFO der FH Campus Wien, finden. Heimo Sandtner präsentierte sein Konzept und Horst Rode tat etwas, was er sonst nie tut. Er unterbrach ihn nach ein paar Sätzen mit den Worten: „Du kannst schon aufhören. Mich hast du schon überzeugt. Das brauchen wir!“

Schon wieder die Ersten!

Nun ging es schnell. Gute Kontakte verhalfen uns rasch zur passenden Location. Am ehemaligen Philips-Standort in der Gutheil-Schoder-Gasse, dem „High Tech Campus Vienna“, fanden wir – mit großer Unterstützung von Ingo Bischof, Geschäftsführer der IVAM GmbH – genau, was wir suchten.

Mit dem, was wir nun bieten konnten, waren wir wieder mal die Ersten im österreichischen Hochschulbereich: ein Start-up Service mit angeschlossenem Start-up Corner. 500 m² zum Experimen­tieren, Ausprobieren, Herstellen von Prototypen – schlicht und einfach zum Verwirklichen von Ideen. Neben Robotern, Dreh­bänken, Fräsmaschinen, Schweißgeräten und mehreren 3D-Druckern befindet sich auch eine Lasersinteranlage für Kunststoffe am Standort. Im Oktober 2017 wird ein Hot Lithography 3D-Drucker aus einer Forschungskooperation mit dem Wiener Start-up Cubicure dazukommen, von dem bisher weltweit nur fünf Stück ausgeliefert wurden. Daneben gibt es noch Büro- und Meetingräume, denn – ganz wichtig – der Start-up Corner steht nicht nur technikaffinen Gründer*innen offen.

Entrepreneurial Spirit in Favoriten

Am 26. Jänner 2017 war es schließlich so weit: Die FH Campus Wien lud mit einem Frühstück zur Eröffnung ihres Start-up Corners im High Tech Campus Vienna. Unter den Gästen und Rednern befand sich auch Bundesminister Harald Mahrer, damals Staatssekretär im Bundesministerium für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft.

Ebenfalls bei der Veranstaltung gesehen: Josef Kaindl, Bezirksvorsteherin-Stellvertreter für den 10. Wiener Gemeindebezirk, Irene Fialka, Geschäftsführerin von INiTS, Ingo Bischof, Geschäftsführer der IVAM GmbH, Eva Czernohorszky von der Wirtschafts­agentur Wien, Michael Sippl, Absolvent des Bachelor- und Masterstudiums High Tech Manufacturing, selbst Gründer und mittlerweile Geschäftsführer der ISES GmbH und Mitbegründer des OS.Car Racing Teams sowie Industriepartner*innen, Studie­rende und Absolvent*innen der FH.

Ich will da rein!

Wie groß der Bedarf nach einem Angebot wie unserem ist, zeigte sich schon vor der Eröffnung des Start-up Corners. Plötzlich standen Menschen vor der Tür, die schon Wind von unserer Initiative bekommen hatten und sofort einziehen und zu arbeiten beginnen wollten. Nur, ganz so einfach ist es nicht. Den Start-up Corner können gründungsinteressierte FH Campus Wien-Studierende ab ihrem ersten Semester sowie Absolvent*innen unserer Hochschule nutzen. In jedem Fall müssen sie sich in einem Hearing vor einem Expert*innen-Gremium beweisen. Mehrmals im Jahr finden Pitchs statt, in denen die Bewerber*innen gegen­einander antreten. Wer mit seiner Idee besticht, kann den Start-up Corner ein Jahr lang kostenlos nutzen.

IT-Sicherheit für alle, schöne Plätze per App und schnelle Autos

Und einige haben es schon geschafft! Im April 2017 sind die ersten Mieter eingezogen, Clemens Herrmann und Martin Vaclavik, beide Studenten im Master IT-Security. Sie haben mit ihrer Idee „ITS4A – IT Security 4 All“ überzeugt, einer All-in-one-Lösung für KMU aus Open Source-Produkten und kostengünstigen Alternativen. Im Juli ist Martin Pinter, Student im Master Green Mobility, mit seinen Partnern als Team conQer in den Start-up Corner einge­zogen. conQer ist eine Lifestyle-Travel-App, in der Guides TouristInnen in Form von digitalen Touren und Videoclips zu den schönsten Plätzen der Welt führen.

Ebenfalls im High Tech Campus Vienna hat das OS.Car Racing Team eine dauerhafte Bleibe gefunden.

War’s das schon?

Mittlerweile interessieren sich bereits andere österreichische Hochschulen für unser Modell und wollen es uns nachtun. Das kann uns nur recht sein. Denn schließlich geht es darum, guten Ideen zum Durchbruch zu verhelfen.