Die Leiterin des Departments für Angewandte Pflegewissenschaft, Roswitha Engel, über mehr als zehn Jahre akademische Ausbildung in der Gesundheits- und Krankenpflege und was die Zukunft bringen wird.
Die Ausbildung in Österreich in den tertiären Sektor zu heben, war eine lange gehegte Forderung von Berufsangehörigen und längst überfällig. Zum damaligen Zeitpunkt gab es in bereits 23 europäischen Staaten einen Bachelorabschluss in der Disziplin der Gesundheits- und Krankenpflege. Diesen europäischen Ausbildungsstandard wollten wir auch in Österreich etablieren.
Ja, das ist richtig. Seit 1999 gab es an der Uni Wien ein Individuelles Diplomstudium für Pflegewissenschaften, das Berufsangehörige mit Matura berufsbegleitend absolvieren konnten. Und da wurde zwischen 1999 und 2008 bereits eine beachtliche Gruppe an Gesundheits- und Krankenpflege-Personen akademisiert. Dadurch ergab sich allerdings ein Überhang an Absolvent*innen ohne Berufsberechtigung.
Das war damals eine zukunftsweisende, von der Politik getragene Entscheidung. Im Zuge des Bologna-Prozesses, also der europaweiten Umstellung auf das dreiteilige Bachelor-Master-PhD-Studiensystem, wurde das Diplomstudium Pflegewissenschaften in einen Master umgewandelt und die stark praxisorientierte Ausbildung in der Gesundheits- und Krankenpflege als Grundstudium inklusive Berufsberechtigung an unserer Fachhochschule etabliert. Die Studienprogramme haben wir damals übrigens gemeinsam mit der Uni Wien und dem Institut für Pflegewissenschaften entwickelt, mit dem wir bis heute in der Lehre eng zusammenarbeiten.
Das Berufsbild und das Verantwortungsspektrum sind sehr viel breiter geworden. Die Fach- und Methodenkompetenzen haben sich verändert und sind stärker forschungsbasiert ausgerichtet. Wissenschaftliche Kompetenzen sind neu dazugekommen und auf Selbstkompetenzen wird größeres Augenmerk gelegt. Die multiprofessionelle Zusammenarbeit ist in den Fokus gerückt. Außerdem übernehmen Gesundheits- und Krankenpflege-Personen heute zunehmend medizinische Agenden in der Diagnostik und Therapie, die früher Ärzt*innen vorbehalten waren. Und es geht nicht mehr nur um Krankheit, sondern gleichermaßen auch um Gesundheit
Roswitha Engel
Pionierin in der Akademisierung der Gesundheits- und Krankenpflege
Indem wir forschungsgeleitet lehren und die Praxis mit evidenzbasierten Pflegeerkenntnissen anreichern. Wir geben unseren Studierenden fachlich-methodische, wissenschaftliche, soziale und kommunikative Kompetenzen mit. Etwa die Hälfte ihres Studiums verbringen sie in Praktika, wo sie ihre fundierten theoretischen Kenntnisse anhand von berufsspezifischen Problemstellungen in die Praxis überführen müssen. Inhaltlich werden sie sowohl krankheits- als auch gesundheitsbezogen ausgebildet.
Aktuell sind es 1.052 Absolvent*innen. Unsere drei aufbauenden Masterlehrgänge mitgerechnet, sind es insgesamt allerdings bereits über 1.300 Absolvent*innen.
Der institutionelle Sektor wird kleiner und der mobile extramurale größer werden müssen. Präventions- und Gesundheitsberatung werden an Bedeutung gewinnen und die professionelle Pflege wird stärker einbezogen werden müssen. In einer Gesellschaft des längeren Lebens, die allerdings mit einer schlechten gesundheitlichen Performance kämpft, braucht es künftig mehr Beratung und Unterstützung in Sachen Gesunderhaltung. Dazu passend, starten im Sommersemester 2022 übrigens zwei neue akademische Lehrgänge bei uns an der FH: Public Health und Primary Healthcare Nursing. Sie verbinden eine Höherqualifizierung mit der spannenden Aufgabe, das sehr weite, vielseitige Berufsfeld in eine neue, zukunftsweisende Richtung weiterzuentwickeln.
Das gesamte Studienangebot im Department Angewandte Pflegewissenschaft
Podcast neunmalklug:"James und 24h QuAALity – Digitale Helfer in der Gesundheits- und Krankenpflege"