James und 24h QuAALity – Digitale Helfer in der Gesundheits- und Krankenpflege

Wie Roboter James Senior*innen im Pflegeheim zum Lachen bringt.

Ein Roboter im Seniorenheim, geht das überhaupt? Wo der Mensch im Mittelpunkt steht, wie in der Gesundheits- und Krankenpflege etwa, wird Digitalisierung mit Skepsis begegnet. An der FH Campus Wien entwickeln Elisabeth Haslinger-Baumann, Lehrende im Studiengang Gesundheits- und Krankenpflege und Leiterin des Kompetenzzentrums für Angewandte Pflegeforschung, und Franz Werner, Studiengangsleiter vom Masterstudium Health Assisting Engineering interdisziplinär Lösungen. Was das internationales Forschungsprojekt Roboter James als sozial assistiver Helfer in Pflegeheimen und anderen Settings leisten kann, hören Sie in dieser Folge von neunmalklug.

Wie die Software-Lösung 24h QuAALity die Qualität in der 24h-Betreuung hebt und sichert.

Möglichst lange daheim in vertrauter Umgebung leben - ein Wunsch, den 24h-Betreuung ermöglicht. Die von 24h QuAALity Softwarelösung unterstützt Betreuer*innen und Angehörige von betreuten Personen, um noch professioneller zu agieren. Ein weiteres Beispiel für digitale Unterstützung, die durch die interdisziplinäre Zusammenarbeit unterschiedliche Fachblickwinkel berücksichtigt. Elisabeth Haslinger-Baumann und Franz Werner erklären, wie diese in einem FFG geförderten Projekt mit Input von externen Kooperationspartner*innen entstandene Software die Qualität der 24h-Betreuung hebt.
5.11.2020

James und 24h QuAALity – Digitale Helfer in der Gesundheits- und Krankenpflege.

Lisa Baumgartner  
Hallo! Schön, dass Sie wieder mal dabei sind bei einer weiteren Folge von Neunmalklug mit mir, ich bin Lisa Baumgartner. Stellen Sie sich doch einmal vor, Sie haben schon ein gewisses Alter und es fällt nicht mehr alles ganz so leicht. Sie brauchen vielleicht ab und zu Unterstützung und die kommt. Und zwar digital. Ein Becher, der ans Trinken erinnert. Ein witziger Roboter sagt Ihnen, was es heute im Seniorenheim zu essen gibt. Und er spielt Musik, und zwar die, die Sie gern mögen und er fordert sie zum Bewegen auf. Digitalisierung in der Gesundheits- und Krankenpflege. Darüber wissen meine Gäste ganz genau Bescheid  Elisabeth Haslinger-Baumann und Franz Werner. Dankeschön fürs Kommen.

Franz Werner  
Danke auch.

Elisabeth Haslinger-Baumann  
Danke ebenso.

Lisa Baumgartner  
Machen wir vielleicht eine kleine Vorstellungsrunde. Sie sind ja aus zwei unterschiedlichen Departements von der FH Campus Wien. Und dennoch verbindet Sie eine enge interdisziplinäre Zusammenarbeit. Frau Haslinger-Baumann, darf ich bitten, ein paar Details zu Ihrer Person?

Elisabeth Haslinger-Baumann  
Ja, vielen Dank. Ich bin ausgebildete Pflegerin und auch Philosophin und Politikwissenschaftlerin. Arbeite hier als Pflegewissenschaftlerin am Department Angewandte Pflegewissenschaft und darf das Kompetenzzentrum Angewandte Pflegeforschung leiten und bin hier wissenschaftlich tätig, aber auch lehrend.

Lisa Baumgartner  
Und Sie, Franz Werner? Sie sind der Studiengangsleiter vom Masterstudium Health Assisting Engineering und an vielen Forschungsprojekten sind Sie beteiligt. Health Assisting Engineering beschäftigt sich konkret womit?

Franz Werner  
In erster Linie mit der Konzeption von neuen Gesundheitstechnologien. Wir versuchen, die Professionen, die Gesundheitstechnologien brauchen könnten, zusammenzubringen mit denen, die sie auch entwickeln können. Wir sind sozusagen die Architekten von neuen Gesundheitstechnologien. Es braucht aber auch natürlich die technischen Disziplinen, die dann sozusagen das Haus bauen und genauso gut auch die Gesundheitsdisziplinen, die uns sagen, was sie grundsätzlich haben möchten, als, was für ein Haus sie haben möchten und dann auch einziehen wollen.

Lisa Baumgartner  
Digitalisierung in der Gesundheits- und Krankenpflege führt daran eigentlich einen Weg vorbei? Frau Haslinger-Baumann, was meinen Sie?

Elisabeth Haslinger-Baumann  
Absolut nicht, denn in der Gesundheits- und Krankenpflege sind wir schon seit längerem konfrontiert mit zunehmender Digitalisierung. So soll es auch sein. Es gibt Bereiche in der Gesundheits- und Krankenpflege, die sehr stark digitalisiert sind, wie z.B. Intensivstationen und andere Bereiche, wie z.B. die aus Krankenpflege, die zum Teil noch nicht so digitalisiert sind. Aber schlussendlich geht alles den Weg der zunehmenden Digitalisierung.

Lisa Baumgartner
Warum ist denn aber Interdisziplinarität in diesem Bereich so wichtig?

Franz Werner  
Ich glaube, man kann sich vorstellen, die Technik weiß nicht genau, was eigentlich in der Praxis gebraucht wird. Und die Gesundheits- und Krankenpflege, die weiß nicht so ganz genau, was die Technik eigentlich kann. Es braucht aber eigentlich noch viel mehr, weil wir arbeiten meistens mit einem gesamten Umfeld zusammen, wenn wir eine neue Technologie entwickeln. Also zum Beispiel auch Therapeut*innen, Pfleger*innen oder Patient*innen, Angehörige, auch Personen aus Wirtschaft und Politik, wenn eben alle einbezogen werden müssen, damit letztlich ein Produkt entwickelt werden kann oder auch nur ein Prototyp, der tatsächlich den Anforderungen der Nutzergruppen gerecht wird.

Lisa Baumgartner  
Anforderungen, Nutzergruppen? Ja, was bringt denn Digitalisierung wirklich? Wer profitiert von digitalen Helfern?

Elisabeth Haslinger-Baumann  
Von digitalen Helfern sollen alle Beteiligten profitieren, also die Patient*innen oder Klient*innen genauso wie diejenigen auf der anderen Seite, den Pfleger*innen oder Therapeut*innen, die durch Unterstützung durch Digitalisierung ihre Arbeit noch professioneller durchführen können. Und die Patient*innen oder Klient*innen, die durch die Unterstützung durch Digitalisierung auf eine gute, hochqualitative Versorgung auch hoffen dürfen.

Lisa Baumgartner  
Ein konkretes Forschungsprojekt beschäftigt sich mit dem Einsatz von Robotern im Seniorenheim, ich habe es anfangs schon kurz erwähnt. Einen Namen hat der Roboter auch, er heißt nämlich James und er ist Teil einer internationalen Langzeitstudie. Da misst ja das Forschungsteam von der FH Campus Wien die Langzeiteffekte in der Pflege. Wie kann ich mir jetzt James vorstellen?

Franz Werner  
James besteht aus einer fahrenden Plattform, so ähnlich wie ein Staubsauger-Roboter, und einem Display, ähnlich dem eines Tablets. Er kann recht zuverlässig von A nach B fahren, wenn man ihm zuerst sagt, wo A und wo B ist, und sobald er auch die Umgebung kennengelernt hat. Am Display kann er eigentlich frei konfigurierbare Inhalte darstellen. Das heißt, die Frage ist eigentlich  Wie passt man ihn an ein spezifisches Setting an? Das war unsere Aufgabe. Die Frage war nämlich  Was soll er denn eigentlich können? Und damit sind wir dann letztlich in die Pflegezentren, in die Pflegeheime gegangen und haben denen eben diese Frage gestellt.

Lisa Baumgartner  
Was war das Resultat? Ich glaube, er kommuniziert ja auch mit den Heimbewohner*innen, oder?

Franz Werner  
Genau, er kann auch kommunizieren. Es kam dann heraus bei unseren Erhebungen, dass er sich in erster Linie um das Entertainment kümmern soll. Er soll Spaß machen. Es soll auch Ablenken vom Alltag. Er kann aber auch Erinnern oder speziell Orientierung im Tag geben. Er ist ja für Personen mit demenziellen Erkrankungen eingesetzt worden. Das heißt, da ging es um solche Dinge wie  Was gibt es heute zum Essen, zum Beispiel zu Mittag? Oder  Wie ist das Wetter heute? Ganz, ganz simple Dinge. Es war aber auch gewünscht, dass er z.B. den Kontakt mit den Angehörigen verbessert, deswegen kann er auch Video- telefonieren.
Lisa Baumgartner  Sehr spannend.

Franz Werner  
Und er sollte auch motivieren, z.B. physische oder kognitive Übungen zu machen.

Lisa Baumgartner
Was kann ich mir darunter vorstellen?

Franz Werner  
Das heißt z.B. er zeigt Videos her, bei denen man mitmachen kann. Es sind ganz einfache, physische Übungen, Trainingsübungen. Oder er spielt Spiele, zum Beispiel, Sie kennen wahrscheinlich, das Spiele heißt "Simon says", bei dem kommt eine Abfolge von Farben und Tönen und man muss diese nachher wiederholen, und bei jeder Fabel oder jedem Ton muss man eine gewisse Bewegung machen.

Lisa Baumgartner
Ja, und was haben jetzt die Senior*innen gesagt? Hat das gematched, dieser Kontakt mit James?

Elisabeth Haslinger-Baumann  
Der Kontakt mit James war wirklich lustig. Wir haben auch Fotos. Und wir waren ja zum Teil auch dabei in der wissenschaftlichen Begleitforschung und haben gesehen, wie groß auch die Freude war von den Seniorinnen und Senioren, die dabei sein konnten, die mitgespielt haben, die die Bewegungsübungen mitgemacht haben, aber auch von den Betreuerinnen und Pflegerinnen, die ihn integriert haben in ihre Sessions, die sie sowieso gemacht haben. Bewegungs- oder Entertainment-Sessions mit den Bewohner*innen, die ihn einfach integriert haben und ihn als zusätzliches Asset genutzt haben, damit die Senior*innen zusätzlich noch sehen, welche Bewegungen, welche Musik oder welche Formen an Übungen unterstützend noch getan werden können - durch den Roboter.

Lisa Baumgartner
Das heißt, die Betreuer*innen haben durch James auch eine gewisse Erleichterung erfahren. Oder wie kann man das bezeichnen?

Franz Werner  
Ich weiß nicht, ob das in unserer relativ kleinen Vorabstudie schon so messbar gewesen wäre. Es war eher so, dass die Betreuer*innen sich etwas ganz Anderes erwartet hätten. Sie hätten erwartet, dass ist ein System, das schon irgendwie viel stärker in die individuelle Pflege eingreifen kann, viel mehr selbst machen kann. Und sie hätten vielleicht sogar ein bisschen Angst gehabt, dass er dann teilweise Dinge tut, die eigentlich persönliche Intervention benötigen. Oder dass er vielleicht gar Dinge übernehmen könnte, die eigentlich die Gesundheits- und Krankenpflege über hat? Aber das ist überhaupt nicht so. Sie waren eigentlich erstaunt, dass das System tatsächlich sinnvolle Dinge tun kann, die aber nicht ersetzend sind - eben gerade im Entertainmentbereich beispielsweise, und sie waren dann sehr zufrieden damit. Genauso wie es auch die älteren Menschen sehr faszinierend gefunden haben und der einfach was Neues war, dieser Roboter, als dieser neu in den Alltag reingekommen ist.

Elisabeth Haslinger-Baumann  
Franz Werner hat etwas ganz Spezifisches angesprochen, nämlich diese Angst und ein bisschen diese Reserviertheit gegenüber der Technologie seitens der Pflegepersonen, aber auch seitens der Senioren und Seniorinnen. Wir haben das bemerkt, da bei der Erhebung, was er denn können soll und was er nicht können soll und wie weit es schon geht, diese Unterstützung. Hier waren unterschiedliche Erwartungen vorhanden und auch Ressentiments, zum Teil. Aber auch große Neugier. Und wie aber klar war, was er kann und wo man ihn einsetzen kann, dann wurde es angenehm und er war ein zusätzliches Asset bei den Übungen, Tätigkeiten und Angeboten, die sowieso vorhanden waren und hier wurde er, so wie Franz Werner, das so treffend gesagt hat, dann wurde James auch gut und intensiv und lustvoll genutzt.

Lisa Baumgartner  
Die Studie ist ja international angelegt, parallel zu der Untersuchung in Österreich sind auch Forschungseinrichtungen in Rumänien und Belgien beteiligt. Welche Effekte werden von diesem internationalen Vergleich erwartet?

Franz Werner
Ja, das ist gerade jetzt, während der Covid-Pandemie ein schwieriges Thema. Was wir jetzt schon gelernt haben, ist, dass natürlich die Gesundheitssysteme in den einzelnen Ländern sehr unterschiedlich sind. Also, man kann es sich so vorstellen, in Belgien zum Beispiel wird der Roboter im betreuten Wohnen eingesetzt, d.h. es sind Wohnungen, wo zwar rasch Hilfe geholt werden kann, aber die Personen individuell eigenständig leben. Bei uns wird der Roboter aber in Pflegezentren eingesetzt und in Rumänien ist das Modell noch einmal ein anderes, denn dort bleiben Menschen sehr lange zu Hause und kommen dann direkt in ein Spital, oftmals. Das Setting dort ist ein Spital-Setting. Das heißt alleine schon aufgrund dieser unterschiedlichen Settings können wir gar nicht so genau vergleichen, welche Effekte der Roboter in den einzelnen Ländern erzeugt. Aber wir können eine Lösung schaffen, die in all diesen verschiedenen Settings sehr gute Ergebnisse erzielt. Das ist nämlich das eigentlich Ziel.

Lisa Baumgartner
Thema des heutigen Podcasts  Digitalisierung in der Gesundheits- und Krankenpflege. Schauen wir uns noch ein anderes interdisziplinäres Forschungsprojekt an, daran arbeiten Sie auch gemeinsam, und zwar 24h QuAALity. Eine Software steckt dahinter. Worauf zielt der Einsatz dieser Software ab?

Elisabeth Haslinger-Baumann  
Ziel dieses Projektes, in dem wir gerade mittendrin stehen, ist ein Empowerment für 24-Stunden-Betreuer*innen, die ja zum Teil aus Osteuropa kommen. Empowerment in ihrer Tätigkeit, in diesen isolierten Arbeitsbedingungen, in den privaten Wohnungen ihrer Klienten und Klientinnen und zusätzlich eine Qualitätssicherung ihrer Arbeit, die durch diese digitale Plattform, die wir entwickelt haben, unterstützt werden soll. Was kann diese digitale Lösung, die wir entwickelt haben? Es ist eine eLearning Plattform entwickelt worden zu Szenen aus dem Betreuungsalltag, genauso eine elektronische Betreuungsdokumentation, wo die Dokumentation der Maßnahmen, die getätigt worden sind, einfacher und leichter durchzuführen ist, und eine Vernetzungspattform. Alle diese Bereiche kombiniert noch mit einer Notfallsplattform sind in vier Sprachen angeboten, neben Deutsch, auch in Slowakisch und Ungarisch um in rumänischer Sprache.

Lisa Baumgartner
Warum gerade in diesen Sprachen?

Elisabeth Haslinger-Baumann  
Das sind die hauptsächlich gesprochenen Sprachen der 24-Stunden- Betreuer*innen im Osten von Österreich.

Lisa Baumgartner
Wo liegt denn die große Herausforderung bei diesem Projekt?

Franz Werner
Ich würde meinen, die Interessen der verschiedenen Zielgruppen auf einen Nenner zu bringen. Man kann sich vorstellen, wir haben die Personenbetreuer*innen, wir haben die Agenturen und wir haben die Politik. Und alle müssen berücksichtigt werden, um ein Tool zu schaffen, das letztlich von allen akzeptiert wird. Und da geht es dann oft um ganz kleine Details, um Entscheidungen, wie das Tool dann funktioniert wird. Darf zum Beispiel eine Tätigkeit, die eigentlich rechtlich nicht erlaubt ist, in dem Tool abgehakerlt werden als "Ich habe das erledigt" in der Dokumentation. Das sind solche Themen, über die wir uns lange unterhalten haben.

Lisa Baumgartner
Vielleicht wollen Sie noch ein bisschen über die eLearning-Plattform berichten. Wie kann ich mir das vorstellen, wenn ich da jetzt als Betreuerin mich versuche fortzubilden, was finde ich vor?

Elisabeth Haslinger-Baumann
Kleine Filme, Informationen in schriftlicher Form, Quizze und animierte Grafiken zu Betreuungsthemen der unterschiedlichsten Art, beginnend von der Haushaltsbetreuung, also Maßnahmen des Haushalts, aber auch Maßnahmen in der direkten Versorgung, in der Unterstützung bei den Aktivitäten des täglichen Lebens. Aber auch, wie halte ich mich selbst als Betreuer*in gesund und als vierten Themenblock  Was ist rechtlich gesehen für mich wichtig zu wissen, wenn ich hier in Österreich als 24-Stunden-Betreuer*in arbeite?

Lisa Baumgartner  
Das ist jetzt das Tool, das speziell für die Betreuer*innen sehr hilfreich ist. Dann haben sie auch gesprochen von einer Dokumentationsmöglichkeit. Für wen ist das ein besonders wichtiges Tool?

Franz Werner
Diese Dokumentation soll eigentlich für alle Betroffenen Sicherheit geben  für die betreute Person, damit auch klar ist, welche Maßnahmen angeordnet worden sind und welche dann durchgeführt werden und welche unter Anleitung durchgeführt werden müssen, welche selbstständig durchgeführt werden - das wird auch niedergeschrieben. Es ist genau der Punkt, den Franz Werner zuerst angesprochen hat  "Welche Maßnahmen darf ich durchführen, welche nicht?". Das wird hier auch begleitet von diplomierten Gesundheits- und Krankenpflegerinnen, im besten Fall. Aber auch für die Betreuerin selbst, hier kann sie festhalten, welche Maßnahmen sie durchgeführt hat, aber auch für die Angehörigen, die damit sicher gehen können, wenn sie das nachlesen, was denn tatsächlich getan worden ist an so einem Tag in dem Familiensetting. Und in Summe ist es auch wichtig und kann herangezogen werden, auch für weitere Professionen wie z.B. die Medizin oder wenn man ins Krankenhaus transferiert wird. Und für die Pflegegeldeinstufung kann auch diese Betreuungsdokumentation herangezogen werden, indem klar ist, was wurde getan, wie groß ist die Abhängigkeit dieses Klienten und dementsprechend wird dann die Pflegegeldeinstufung vorgenommen.

Lisa Baumgartner
Die Betreuungssicherheit soll ja auch durch das Notfallsmanagement gehoben werden. Was erwartet da die User*innen?

Franz Werner
Dass Notfallsmanagement besteht aus mehreren Komponenten. Einerseits gibt es Kurse, Schulungskurse ähnlich auch wie Erste-Hilfe-Kurse, die man kennt, aber als eLearning-Version. Und andererseits gibt es einen großen, roten Hilfe- Button, einen Notruf-Button. Wenn was passiert ist, dann kann man den tippen am Tablet, erhält dann - je nachdem, welche Art von Notfall es ist, es geht in Richtung Feuerwehr, Rettung Polizei, aber auch bis hin zum ärztlichen Funkdienst oder 1450-Nummer etc., - haben wir da verschiedene Knöpfe implementiert. Und wenn man davon einen drückt, wird man kurz darüber informiert, was einen gleich erwartet, nämlich die typischen W-Fragen  Wer, wann, was, wo, wie, die man gleich beantworten können sollte. Man bekommt noch die Info darüber, wo man eigentlich gerade ist, weil in einer Stresssituation ist es für eine 24h-Betreuer*in auch nicht immer ganz klar oder wie alt der oder die Patient*in oder Klient*in ist. Und dann klickt man nochmal auf Anrufen und ist direkt durchgestellt.

Lisa Baumgartner
Die Feuerwehr, die Rettung, allseits dann sofort zur Stelle im Bedarfsfall ...

Franz Werner
Genau, das Notfallsmanagement besteht darin, dass es einfach unterstützt hinsichtlich der Kompetenz, die ich brauche, um Notfälle richtig zu managen, in erster Linie, und in zweiter Linie dann wirklich in der Durchführung unterstützt. Zum Beispiel wird auch durch das Absetzen eines Notrufes, wenn man es möchte, direkt eine Rettungskette angestoßen. Das heißt, ein*e in der Plattform registrierte*r Angehörige*r bekommt eine SMS, dass ein Notruf durchgeführt wurde.

Lisa Baumgartner
Wir haben jetzt viel über digitale Hilfsmittel gesprochen. Wir rasch glauben Sie, werden diese sich in der Gesundheits- und Krankenpflege etablieren?

Elisabeth Haslinger-Baumann
Ich glaube, dass es jetzt zunehmend schneller gehen wird, denn die ersten Grundlagen sind ja gelegt. Und wie ich eingangs erwähnt habe, es gibt Bereiche, die sehr stark schon jetzt digitalisiert sind, wo alle Personen, die dort arbeiten, genau wissen  Je mehr Digitalisierung, je sinnvoller sie eingesetzt wird, desto besser geht es auch dem Patient*innen, und einem selbst oder den Klient*innen. Es werden zunehmend alle Bereiche, also auch die, die bis jetzt noch nicht so digital versorgt worden sind, zumindest mit einer elektronischen, pflegerischen oder Betreuungs-Dokumentation versorgt werden. Also das wird sich nicht nur auf die Krankenhäuser beschränken zukünftig, sondern auch auf die Hauskrankenpflege und die Versorgungen in unterschiedlichsten Settings, genauso sehr wie die Therapie der therapeutischen Gesundheitsberufe zunehmend digitalisiert wird. Ich glaube, jetzt sind wir es zu quasi auf Schiene. Es ist nur noch die Frage, wie schnell wir auf diesen Zug, auf den wir schon aufgesprungen sind, fahren. Und wie viel Zeit wir uns geben, auch die Entwicklungen so in seiner Tiefe durchzuführen, dass diese digitalen Helfer auch tatsächlich digitale Helfer sind, und nicht zusätzliche Belastung.

Lisa Baumgartner
Herr Werner, was ist denn Ihre Einschätzung?

Franz Werner
Ja, ich denke auch, wir sind wir da mitten drinnen. Es gibt hier schon sehr viel, wie auch die Haslinger-Baumann gesagt hat. Beispiel  Digitale Pflegedokumentation. Und ja, das dauert immer seine Zeit, weil einfach die Implementierung Zeit dauert. Man sieht es ja auch jetzt  Es sind noch immer nicht alle Krankenhäuser komplett umgestellt auf eine digitale Dokumentation z.B., obwohl es das technisch schon seit längerer Zeit gibt. Also die Implementierung dauert dann natürlich. Aber, was man jetzt zum Beispiel sieht, ist, dass gerade in Zeiten der Pandemie auch manche Dinge sehr stark gepusht worden sind. Z.B. jede Art von Telehealth, Telekonsultationen, sind auf einmal rechtlich vollkommen möglich geworden und auf einmal interessieren sich für unsere Webinare statt vorher 10 Personen 300. Es macht einen großen Unterschied. Ich glaube dadurch wird auch noch die Zeit verringert werden, in der Umstellung.

Lisa Baumgartner
Ja dann danke für diese Einblicke in Ihre Forschungsarbeit. Und ich nehme an, wir sehen und hören uns bald wieder über neue Projekte in diesem Bereich.

Franz Werner
Ich denke auch langweilig wird uns nicht wissen. Wir haben noch viele Ideen und viel vor uns. Ja, vielen Dank auch.

Elisabeth Haslinger-Baumann  
Abschließend möchte ich noch sagen, ich glaube schon, dass dem Ganzen hilft, eine interdisziplinäre Zusammenarbeit, wie wir sie an der Fachhochschule auch anbieten können und wie wir sie auch hier gemeinsam vorleben. Meine Erfahrungen der letzten Jahre sind, dass durch diese interdisziplinäre Zusammenarbeit umfassenderERE, anwendungsorientierterERE Produkte herauskommen, also wenn eine Disziplin, egal welche, aber alleine an dieser Entwicklung beteiligt wäre.