Ganzheitlich starke Immunabwehr

Wie ganzheitliche Methoden unsere Gesundheit stärken und die Immunabwehr aktivieren.

Gesund bleiben und Gesundheitsprävention, dafür steht Salutogenese. Ganzheitliche Therapieansätze helfen beim Gesundheitserhalt und fördern unser Wohlbefinden. Ein starkes Immunsystem gilt als Grundbaustein und Schutz vor Infektionen. Gerhard Hubmann, Ganzheitsmediziner und Leiter des Masterlehrgang Ganzheitliche Therapie und Salutogenese über die zentrale Rolle unseres Immunsystems, wie ein gesunder Lebensstil dieses fördert und die Zusammenhänge zwischen Immunabwehr und Covid-Erkrankung.

27.09.2021

Ganzheitlich starke Immunabwehr
Lisa Baumgartner
Einen schönen Tag wünscht Ihnen wieder Lisa Baumgartner. Wie oft haben Sie denn so in den letzten eineinhalb Jahren einer anderen Person gewünscht "Gesund bleiben". Die Gesundheit und die Hoffnung, Krankheit zu vermeiden, das ist für uns vermutlich sehr viel mehr in die Mitte unserer Gedanken gerückt. Aber schon vor der Pandemie war im Gesundheitsbereich ein Paradigmenwechsel zu bemerken. Prävention und Gesundheitserhalt werden immer wichtiger. Es geht jetzt nicht nur mehr um Krankheit und um deren Bekämpfung. Mein Gast heute ist Gerhard Hubmann. Sie sind Allgemeinmediziner, Vizepräsident der GAMED, der Wiener Internationalen Akademie für Ganzheitliche Medizin, und Sie leiten den Masterlehrgang Ganzheitliche Therapie und Salutogenese an unserer FH. Wie erhalten wir unsere Gesundheit? Also im Speziellen sprechen wir heute über ein starkes Immunsystem als Schutzschild und Krankheitsverhinderer und wie wir dieses unterstützen können. Klären wir gleich zu Beginn den Terminus Salutogenese. Also, ich versteh es so: Salutogenese geht davon aus, dass Gesundheit ein Prozess ist und nicht ein Zustand. Jeder Mensch besitzt gesunde und kranke Aspekte und Ressourcen tragen dazu bei, unsere Gesundheit zu erhalten oder auch zu verbessern. Habe ich das richtig verstanden?

Gerhard Hubmann
Ja, Frau Baumgartner, danke für das Gespräch grundsätzlich. Sie haben das richtig verstanden. Es geht um die Haltung und auch um die Entstehung der Gesundheit. Was können wir dazu beitragen, gesund zu bleiben? Der komplizierte Begriff Salutogenese kommt aus der Wissenschaft und wurde von Aaron Antonovsky vor fast 100 Jahren geprägt. Er hat erkannt, dass wir uns auch in unserem Gesundheitssystem, auch in der Medizin mit Gesundheit beschäftigen müssen oder sollten. Und das wird zunehmend interessant. Ich habe die Anfragen in meiner Praxis, vor allem jetzt in dieser Pandemiezeit: Wie kann ich meine Gesundheit verbessern? Wie kann ich meine Gesundheit erhalten? Was kann ich dazu beitragen? Dieses Diskutieren über die Gesundheit, den Stellenwert der Gesundheit zu erarbeiten, das ist auch Ziel unseres Lehrgang: Dass wir alle Gesundheitsberufe auch mit diesem Informationsfeld versorgen, weil wir sind als Mediziner in der Krankheit ausgebildet. Wir leben ständig mit Kranken oder wir behandeln Kranke. Aber wenn diese Kranken gesund sind oder sich gesund fühlen, oder sich subjektiv gesund fühlen, dann geht es darum, diese auch gesund zu erhalten. Und das ist die Strategie, die wir fahren. Und wie gesagt, ich glaube, dass das Bewusstsein der Bevölkerung, was die Gesundheit betrifft, in den letzten Jahren sehr zugenommen hat und, dass zunehmend mehr Anfragen kommen zu dem Thema.

Lisa Baumgartner
Welche Ressourcen sind es denn jetzt, die unserer Gesundheit zuträglich sind?

Gerhard Hubmann
Wichtig ist aber grundsätzlich unser Lifestyle, unser Lebensstil, uns bewusst zu machen. Was hilft uns, was tut uns gut? Und auch die krankheitsfördernden Faktoren eher zu vermeiden. Und früher war hier der Begriff Prävention, also vorzusorgen, dass man nicht krank wird bzw. dass man eine Krankheit nicht bekommt im Vordergrund. Und dann gibt es auch diese primäre Prävention, wenn ich mich gesund fühle und nicht krank werden möchte, was kann ich dazu beitragen? Oder sekundäre Prävention, bei vielen Menschen ist es ja so, dass die schon leicht eine Krankheit zeigen. Was kann ich strategisch oder auch Lifestyle-mäßig dazu beitragen, dass ich nicht weiter erkranken oder dass ich auf diesem Weg aus der Krankheit wieder herausfinde und wieder in die Gesundheit finde. Das ist mir ein ganz wichtiger Satz. Wir tragen die Gesundheit in uns und wir sollten immer auf der Suche sein nach der Gesundheit in uns. Weil wir haben sie in uns. Es ist nur oft durch äußere Faktoren, durch Umweltbelastungen, psychosoziale Umstände, Ernährung, Stress, Belastungen und, und, und sehr beeinträchtigt unser Gesundheitspotenzial und diese ganzen von außen vordringenden Belastungen können natürlich dazu führen, dass wir erkranken und dann müssen wir halt wieder in Richtung Medizin oder Behandlung gehen, dass wir wieder da raus finden.

Lisa Baumgartner
Das heißt, wir müssen uns holistisch betrachten. Dieses Dreieck Körper, Geist, Seele, spielt zusammen?

Gerhard Hubmann
Das ist ganz wichtig. Das ist eine Domäne der Ganzheitsmedizin, dass wir uns mit dem ganzen Menschen beschäftigen. Und darum sehe ich es auch als unsere Aufgabe als Ganzheitsmediziner, uns mit dem ganzen Menschen mit diesen drei wichtigen Bereichen Körper, Geist und Seele zu beschäftigen und diese zu stützen. Es geht darum, dass wir sowohl in der körperlichen Beratung da sind, da denke ich an die Ernährung, zum Beispiel, mit gesunder Ernährung da gibt es jede Menge Möglichkeiten. Dann geht es darum, dass man ergänzt Nahrungsmittel, die zugeführt werden müssen, manchmal auch, da gehört die ganze orthomolekulare oder Phyto- oder Pflanzen-Medizin dazu. Dann geht es um die Psychohygiene. Das ich schaue, okay, wo habe ich meine psychischen Belastungen? Was muss ich vermeiden, dass ich nicht eine psychische Erkrankung bekomme oder auf dem Weg dazu bin? Dann kommt das Schlafverhalten zum Beispiel dazu. Ausreichend Schlaf ist ein ganz wesentlicher Faktor zur Gesunderhaltung, auch in dieser psycho-vegetativen Ebene, und, und, und.

Lisa Baumgartner
Welche Rolle spielt jetzt unser Immunsystem für den Erhalt der Gesundheit?

Gerhard Hubmann
Das Immunsystem spielt eine zentrale Rolle, weil es sowohl die körperliche wie auch die psychische Ebene abbildet. Und, es gibt auch die Forschung der Psychoneuroimmunologie, weil wir wissen, dass sehr viele psychische Belastungen auch unser Immunsystem schwächen, Stress zum Beispiel. Und dieses Immunsystem, da können wir differenzieren.  Denn wir haben ein angeborenes, das ist unser Pool, unser genetischer Pool, auf den wir ein Leben lang aufbauen können, und dieses erworbene Immunsystem, das einem ständigen Training unterliegt. Wir müssen unsere Immunsystem trainieren, damit wir es auch stärken. Dazu gehört zum Beispiel Bewegung in der frischen Luft, Sport, gesunde Ernährung und eben auch die hygienischen Verhaltensmaßnahmen. Auch ein biosoziales Umfeld, Freude, Achtsamkeit, all diese Dinge, die ja gerade in der Ganzheitsmedizinischen Versorgung einfließen, helfen uns, dieses Immunsystem ständig zu stützen und ständig aufzubauen.


Lisa Baumgartner
Sie haben gerade gesagt, wir haben ein angeborenes Immunsystem und dann ein erworbenes. Warum werden wir dann trotzdem krank?

Gerhard Hubmann
Weil es erstens einmal genetisch unterschiedlich ist, was wir mitkriegen, von zu Hause quasi. Das ist unterschiedlich, da ist jeder Mensch anders. Und weil jeder Mensch einen anderen Beitrag zur Erhaltung seiner immunologischen Kompetenz beiträgt. Und, wenn einem das nicht bewusst ist und man betreibt irgendwo Raubbau, dann kann es schon passieren, dass das Immunsystem in manchen Bereichen schwächelt. Ich denke da nur an das Mikrobiom. Das ist die Darmflora, quasi ein gesunder Darm, der extrem wichtig ist, dass unser Immunsystem stark bleibt. Und wenn ich nicht weiß, dass ich jetzt mit ungesunder Ernährung auch mein Immunsystem zum Beispiel schwäche, führt es dazu, dass ich infektanfälliger werde, dass ich mit Bakterien, mit Viren nicht so zurande komme, dass ich leichter verkühlt bin. Und das ist auch die Frage jetzt in der Pandemie: Was können wir tun, damit wir unser Immunsystem auch gegen diese virale Belastung stärken?

Lisa Baumgartner
Bevor wir diese Frage beantworten, habe ich noch eine andere Zwischenfrage: Gilt es jetzt für jeden Menschen, das Immunsystem bewusst zu stärken? Also, wie weiß ich denn, ob ich es tatsächlich notwendig habe? Kann ich meinen Immunstatus erheben? Und wann macht das Sinn?

Gerhard Hubmann
Wichtig ist das Gespräch oder der Kontakt zu den Menschen, zu den Patient*innen, zu den Interessierten. Weil, man kann aus diesem Anamnese-Gespräch sehr wohl heraushören, an der Symptomatik oder der Infekt-Häufigkeit, ob dieser Mensch immunologisch gut aufgestellt ist oder eher immunologische Schwächen zeigt. Und, wenn das der Fall ist, dann arbeite ich schon mit einer Immunstatuserhebung. Dann kann man die komplette Laboruntersuchungen oder andere diagnostische Maßnahmen heranziehen, um zu schauen, wo schwächelt es im Immunsystem. Das kann man heutzutage sehr gut erfahren und auch beeinflussen. Aber es ist ein Unterschied, ob ich jetzt eine bakterielle Immunschwäche habe oder eine virale Immunschwäche oder eine Gesamtimmunschwäche. Da kann man gezielt einwirken, durch phytotherapeutische oder orthomolekulare oder Lifestyle-Maßnahmen, und so weiter, all das sind Maßnahmen, um das Immunsystem auch gezielt gegen Bakterien oder Viren zu stärken.

Lisa Baumgartner
Phytotherapeutisch, was ist darunter zu verstehen?

Gerhard Hubmann
Phytotherapeutisch heißt mit Pflanzen. Es gibt sehr viele Pflanzen, die Immunkompetenz zeigen, die das Immunsystem stärken oder das Immunsystem auch modulieren. Es gibt sehr gute Arbeiten darüber und das wird auch bei uns unterrichtet. Und da arbeite ich auch mit sehr vielen Phytotherapeuten, Pflanzen-, Heilkräuter-, Tees- usw. Therapeut*innen zusammen.

Lisa Baumgartner
Also ein starkes Immunsystem schützt uns vor Infekten. Wie ist das jetzt im Zusammenhang mit Covid-19 zu sehen?

Gerhard Hubmann
Covid-19 ist einen Infekt, eine virale Infektion mit pathogenen Viren, die sich in einer Pandemie unkontrolliert und sehr schnell ausbreiten und großen Teil der Bevölkerung befallen können. Wenn es soweit ist, werden wir uns einer Infektion nicht erwehren. Wenn uns dieses Virus infiziert, kann es zu einer Erkrankung kommen. Aber, je nachdem, wie der Mensch konstitutionell aufgestellt ist, auch immunologische aufgestellt ist, kommt es zu mehr oder weniger Symptomen. Das sehen wir ja in der Bevölkerung. Manche erkranken heftiger, manche weniger. Kommt natürlich auch auf die Grundsituation an, ob man eine chronische Krankheit hat oder sonstige Dinge, die einen belasten. Das nennt man dann auch, dass der Begriff der Resilienz, wie ist die Widerstandsfähigkeit des Organismus? Und da gibt es eine körperliche und eine geistige Resilienz. Also, wenn ich recht viel Stress habe, dann kann ich durch diesen Stress meine Resilienz verbrauchen oder meine Widerstandsfähigkeit verbrauchen. Und dann kann es auch durch diese Stressbelastung zu einer immunologischen Belastung kommen und zu einem stärkeren Infekt und zu einer größeren Symptomatik in der Infektion. Das gleiche gilt körperlich, wenn ich meinen Darm beachte, und wenn ich mich gesund ernähre, dann kann ich meine körperliche Resilienz, meine Widerstandsfähigkeit, meine Ressourcen sozusagen aufbauen. Dann stehe ich auch in der Infektion besser da. Und das ist jetzt ganz wichtig, diese Ressourcen aufbauen, um mich zu stärken. Auf der anderen Seite diese Resilienz, diese Widerstandsfähigkeit aufzubauen. Und zwischen Gesundheit und Krankheit oder Erkranken und Gesunderhalten ist es wichtig, diese Balance zu finden, dass die Gesundheit, wenn es notwendig ist, stark genug ist, meine Widerstandsfähigkeit stark genug ist, mein Immunsystem stark genug ist, dass der krankmachende Keim zum Beispiel es eben nicht schafft, mich in die Bredouille zu bringen, mich so krank zu machen, dass es dann wirklich dramatisch werden könnte.

Lisa Baumgartner
Welche Fragen in Bezug auf Covid-19 beschäftigen denn derzeit Ihre Patient*innen in Ihrer Praxis am meisten?

Gerhard Hubmann
Ja, da gibt es viele Fragen, das fängt an bei Impfungen – Impfen ja oder nein? Ich bin grundsätzlich für die Impfung, weil die uns hilft, aus der Pandemie herauszufinden. Aber auch die individuelle Beurteilung der Situation: Wann kann man impfen? Wen kann man impfen? Bei chronischen Krankheiten v.a. muss man halt schauen, wen man impft und wann man wen impft. Und dann ist es immer die Frage: Wie lang hält die Impfung? Wie schaut mein Immunsystem aus, trotz der Impfung? Weil, es ist ja nicht gesagt, dass man nicht trotz der Impfung auch erkrankt. Und da kommen viele Menschen, die trotz der Impfung dann sagen: Okay, ich habe jetzt Angst, was kann ich trotzdem noch beitragen zu meiner Gesundheit? Und das ist eben dieser salutogenetische Aspekt, der in unserer Gesellschaft jetzt Eingang findet, dass viele Menschen trotz Impfung auch aus Angst, trotzdem zu erkranken, Maßnahmen wollen, die ihr Gesundheitssystem und ihre Gesundheit erhält und stärkt.

Lisa Baumgartner
Sie haben da eben sehr oft die Ernährung erwähnt. Welche Ansätze helfen denn? Wie soll ich meine Ernährung gestalten, damit ich mein Immunsystem stärke?

Gerhard Hubmann
Da gibt es sehr viel Wissenschaft und das wird insofern sehr viel erforscht, weil die Mikrobiom-Forschung, also dieser Aufbau unserer guten Darmkeime im Zentrum auch vieler medizinischer Strategien jetzt steht. Und um eine gesunde Darmflora aufzubauen, muss ich ja mal in Richtung mich vollwertig ernähren, also wenig Zucker, vollwertige Kost. Ballaststoffe sind unheimlich wichtig, das sind die präbiotischen Maßnahmen, die zu den probiotischen Maßnahmen genauso wichtig sind. Fleischarm würde ich einmal sagen. Viel Obst und Gemüse, wenig Zucker, das sind die Grundsäulen. Und wenn wir unserem Planeten Gutes tun wollen, das nennt man sogar Planetary Health Diet, ist ein ganz interessanter Begriff, dann helfe ich ihm, wenn ich wenig Fleisch esse und, wenn ich vollwertig esse und wenn ich nicht veränderte Nahrungsmittel zu mir nehme, chemisch veränderte oder aufbereitete Nahrungsmittel, zu mir nehme. Also, das sind alles Faktoren, die helfen, nicht nur uns, sondern die helfen auch unsere Umwelt. Und wenn man schon von Salutogenese spricht und Gesunderhaltung, das ist natürlich der Umweltfaktoren ein ganz ein wesentlicher. Wir als Ganzheitsmediziner sind teilweise schon Umweltmediziner, weil wir die Belastungen, die durch die Umwelt entstehen, auch in unseren ganzheitsmedizinischen Strategien bereits versuchen einzubauen und zu korrigieren und zu verhindern.

Lisa Baumgartner
Wenn wir über Ernährung sprechen, dann fallen da recht schnell diverse Vitamine und Spurenelemente. Was ist denn tatsächlich wichtig für uns?

Gerhard Hubmann
Also, mit einer ausgewogenen Ernährung haben wir in unseren Breiten wenig Mangelzustände, außer man hat eine chronische Krankheit. Also, wir brauchen ja nicht übertreiben mit Nahrungsergänzungsmitteln. Ich bestimmt das normalerweise im Labor. Was fehlt, wird zugesetzt. Wichtig ist zum Beispiel Vitamin D fürs Immunsystem. Wichtig ist auch von den Spurenelementen Zink, Selen. Das wird aber bestimmt und das wird gegeben, wenn man es braucht. Und jetzt unkontrolliert irgendwelche großen Nahrungsergänzungsmittel hinein zu stopfen, wo die Hälfte dann wieder nicht verwendet wird oder ausgeschieden wird oder vielleicht Interaktionen mit anderen Therapien hat, da bin ich eigentlich dagegen. Also, gezielte Zufuhr von Nahrungsergänzungsmitteln, von Mineralstoffen, Spurenelementen und Vitaminen, zentrale Spurenelemente, habe ich schon gesagt, das ist Zink und zentrales Vitamin ist natürlich Vitamin C auch und Vitamin D.

Lisa Baumgartner
Wo ist Zink drin, wenn ich jetzt in der Ernährung darauf achten möchte?

Gerhard Hubmann
Vollkorn, grünen Gemüsen, teilweise auch im Fleisch.

Lisa Baumgartner
Also, Vitamin C, glaube ich wissen wir alle...

Gerhard Hubmann
Wissen wir alle und da haben wir eigentlich keinen Mangelzustände. Auch wenn wir genug Vitamin C haben, hilft uns das Vitamin C als Therapie – Hochdosis- Vitamin C – in der Stärkung unserer Immunkompetenz. Also, das ist nicht nur substituiert, also, das zu geben, was der Mensch braucht, sondern auch therapeutisch interessant – Vitamin C. Deswegen helfen auch die Vitamin C-Infusionen zur Stärkung des Immunsystems sehr gut.

Lisa Baumgartner
Vitamin D, da sagt man ja, das ist das Sonnen-Vitamin, das bekomme ich, wenn ich in der Sonne bin, kann ich es durch die Ernährung Vitamin D auch zu mir nehmen?

Gerhard Hubmann
Ja, das ist in Milchprodukten und Fisch und Meeresfrüchte. Da muss man halt wieder aufpassen, welche man nimmt. Und Sonnenlicht ist natürlich gut, nur durch Umweltbelastungen wird auch das Sonnenlicht dunkler und weniger UV, aber man weiß das UV-A- und UV-B-Strahlen einen Topeinfluss auf unsere Immunzellen haben, auf unsere Lymphozyten.

Lisa Baumgartner
Sie haben vorhin schon einen anderen therapeutischen Ansatz auch genannt, nämlich, selber aktiv werden, im wahrsten Sinne des Wortes, also viel Bewegung und Sport machen. Warum hilft uns das so gut, damit wir eben krankheitsresistenter werden.

Gerhard Hubmann
Die Bewegung bewirkt einfach, dass unsere Sauerstoffsättigung und unser ganzer Sauerstoffumsatz und unsere Verbrennungsvorgänge im Körper besser werden. Wir verbrennen besser, wir verstoffwechseln besser, der ganze Stoffwechsel wird angeregt, Wir haben ja Sauerstoff im Gewebe, was ganz, ganz wichtig ist auch für unser Immunsystem. Und, interessant ist, dass Waldspaziergänge ganz besonders gut sind, weil man draufgekommen ist, es so etwas wie einen Waldheilungseffekt gibt, und das wurde auch beforscht, auch schon lange, auch in Japan. Das nennt man Biophilia-Effekt. Dieser Effekt bedeutet, dass auch diese Pflanzenaromastoffe, Phenole sind das spezielle, einen Einfluss auf unser Immunsystem haben. Wir haben nicht nur diese tolle Sauerstoffwirkung, natürlich haben wir im Wald jede Menge Sauerstoff - Hochdosis, aber wie auch diese Pflanzen Inhaltsstoffe, die nachweislich unsere Killerzellen, die wir brauchen im Immunsystem, aktivieren.

Lisa Baumgartner
Sie haben auch einen weiteren Ansatz schon erwähnt, nämlich ganz das Gegenteil von Sport und Bewegung: Ausruhen und Schlafen. Ein gesunder Schlaf, was ist darunter zu verstehen?

Gerhard Hubmann
Gesunder Schlaf bedeutet, dass wir auch in unsere Tiefschlafphasen kommen. Das kann man auch wieder messen, das wird auch beforscht. Diese REM-Phasen, das sind also sie Phasen, wo man träumt, und ausreichender Schlaf bedeutet, je nach Mensch zwischen 6 und 8 Stunden in einer gewissen Regelmäßigkeit. Und gerade das Schlafverhalten ist etwas, das wichtig ist für uns, unsere Energiereserven wieder aufzubauen und unsere innere Harmonie zu finden. Dann sind wir leistungsfähiger unter Tags und Schlaf wird jetzt im Moment sehr beforscht. Wir haben da etliche Vortragende im Master, die über den Schlaf und Chronobiologie, diesen Biorhythmus beforschen. Wo man draufkommen ist, das ist einfach wichtig, denn der Mensch ist ein Organismus, der sehr auf diesen chronobiologischen Zyklus angewiesen ist.

Lisa Baumgartner
Jetzt ist es so, dass viele von uns gar nicht zum gesunden Schlaf, zu diesen Tiefschlafphase leicht kommen, weil Schlafstörungen, kann ich mir vorstellen, haben auch recht viele Menschen. Haben Sie in diesem Bezug einen Hinweis für uns?

Gerhard Hubmann
Das ist meistens in unserer Zeit dieses Stressphänomen, diese Dysbalance im vegetativen Nervensystem zwischen Sympathikus und Parasympathikus. Die Chinesen haben Yin Yang dazu gesagt. Und da gibt es natürlich viele Maßnahmen, auch im ganzheitsmedizinischen Bereich und Entspannungstechniken, ich denke nur an Yoga, Qigong und autogenes Training. Jetzt wird sehr viel in Richtung Achtsamkeit investiert. Achtsamkeit ist zum Beispiel, Achtsamkeitstraining, ist genauso, wie wenn man über Entspannungstechniken, Beeinflussung des Körpers wieder in diesen Schlafmodus findet. Und es geht meistens mit Lifestylemaßnahmen oder auch entspannenden Therapien, mit Hilfe auch ganzheitsmedizinischer Maßnahmen wie Pflanzen-Therapie, Kräuter, Lavendel am Abend und ...

Lisa Baumgartner
Und dann läuft's mit Schlaf.

Gerhard Hubmann
Dann läuft es nicht gleich. Aber man muss, um die Gesundheit wieder aufzubauen, bedarf es immer einiger Zeit und das ist ein Prozess. Also, man darf nicht glauben, dass man mit Regulationsmaßnahmen – und die Ganzheitsmedizin versucht eben diese Selbstregulation wieder in Gang zu setzen, auch, was das Schlafmuster betrifft - dass das von heute auf morgen geht, das spielt es sicher nicht.

Lisa Baumgartner
Eine Frage zu Covid-19 brennt mir noch auf der Zunge. Und zwar habe ich da vor kurzem eine Headline in einem Fachmagazin gelesen und zwar: Starke Immunität schützt Kinder, bald auch Erwachsene?", war die Frage. Es ging dabei um eine Studie von Berliner Wissenschaftler*innen. Die haben herausgefunden Kinder erkranken seltener schwer an Covid-19. Und zwar hat offensichtlich das kindliche Immunsystem eine raschere und auch eine stärkere Immunantwort in den oberen Atemwegen parat. Funktioniert das jetzt bei Kindern besser – die Immunabwehr als bei Erwachsenen? Wieso ist das so? Könnten da Erkenntnisse auch den Erwachsenen helfen?

Gerhard Hubmann
Ich glaube, dass bei den Kindern diese Immunkompetenz, die angeborene Immunität, noch etliche Jahre vorhanden ist und recht stark ist auch, außer sie haben irgend eine chronischen Belastung oder chronische Erkrankung, und, dass mit zunehmendem Alter und unserer Belastung, die wir Erwachsene haben, unser Immunsystem ständig leidet. Und wir wissen auch in der Geriatrie, also in der Altersforschung, dass unser Immunsystem jedes Jahr schwächer wird und dass wir eigentlich sehr viel tun müssen, um diese Immunkompetenz zu erhalten. Ich glaube auch, dass man dieses Thema "junge Immunstarke – ältere Immunschwache" nur individuell beurteilen kann, indem man sich individuell die Symptomatik oder die Problematik anschaut und es individuell bewertet.

Lisa Baumgartner
Welchen letzten Hinweis können Sie uns und all Ihren Patient*innen für die kältere Jahreszeit mitgeben?

Gerhard Hubmann
Investieren Sie Zeit in Ihre eigene Gesundheit. Das ist das Wichtigste. Wer nicht jeden Tag etwas Zeit für seine Gesundheit aufbringt, muss eines Tages sehr viel Zeit für die Krankheit opfern. Das hat schon der gute Kneipp gesagt. Und wir müssen uns Zeit nehmen, nicht nur für berufliche Tätigkeiten, soziale und so weiter, wir müssen uns Zeit auch für uns nehmen. Und uns täglich bewusst machen, was wir dazu beitragen können, dass wir uns gesund erhalten oder diesen Weg zur Krankheit nicht zulassen. Und das ist mir eigentlich ein Anliegen und das sage ich täglich meinen Patient*innen. Und weil Sie am Anfang davon gesprochen haben, wie oft haben Sie in letzter Zeit "Gesund bleiben" gesagt oder wem sagen Sie das: Ich sage jedem*r Patient*in entweder "Bleib gesund" oder ich sage ihnen "Tu etwas für deine Gesundheit und nimm dir Zeit für deine Gesundheit, weil du trägst sie in dir". Und, wenn wir uns bewusst machen, dass wir so ein Potenzial, so eine Kraft in Form von Gesundheit in uns tragen, alleine das bewirkt schon sehr viel, auch in der mentalen Ebene, dass wir nicht so leicht krank werden.