Kinder- und Jugendlichenpflege – Pflege mit vielen Facetten

Im Bachelorstudium Gesundheits- und Krankenpflege an der FH Campus Wien bekommen Studierende eine fundierte generalistische Ausbildung für die professionelle Pflege im gehobenen Dienst. Absolvent*innen starten in ein Berufsfeld, in dem es nicht nur viele Settings gibt, sondern auch eine Reihe an fachlichen Spezialisierungsmöglichkeiten. Eine davon: Kinder- und Jugendlichenpflege. Enis Smajic ist seit über 10 Jahren in diesem Bereich tätig, konkret in der Neonatologie. Als Lehrender lässt er Studierende von seinem Fachwissen und Erfahrungen aus der täglichen Praxis profitieren. Ein Gespräch über familienzentrierte Pflege, Motivation, Pflegewissenschaft und Lehre sowie die next generation der Gesundheits- und Krankenpflege.

Datum: 08.04.2024

Kinder- und Jugendlichenpflege – Pflege mit vielen Facetten
Lisa Baumgartner
Für die meisten von uns hat alles dort begonnen, nämlich in einem Krankenhaus. Da haben ja viele von uns vermutlich das Licht der Welt erblickt. Gut versorgt, Mutter und das Neugeborene oder auch die Neugeborenen, wenn sie dann eben Mehrlingsgeburten sind. Herzlich willkommen hier bei neunmalklug, Lisa Baumgartner sagt: Hallo. Also, eines ist sicher, wir können uns an unsere Geburt und die ersten Tage danach sicherlich nicht erinnern. Aber mein heutiger Gast, der erlebt diese erste Phase bei vielen Neugeborenen mit. Er steht für die kleinen neuen Erdbürger*innen und ihre Probleme da, pflegt und begleitet sie und die Familien. Enis Smajic ist diplomierte Gesundheits- und Krankenpflege und arbeitet im Fachgebiet Neonatologie seit über zehn Jahren, und er lehrt auch an der FH Campus Wien, lässt unsere Studierenden im Bachelorstudium Gesundheits- und Krankenpflege von seinen Erfahrungen profitieren. Darf ich Sie bitten, ein bisschen zu konkretisieren, in welchem Bereich arbeiten Sie?
Enis Smajic
Ja, ich arbeite an einer neonatologischen Intensivstationan der Universitätsklinik für Kinder- und Jugendheilkunde im Allgemeinen Krankenhaus der Stadt Wien. Und ja, das ist mein Einsatzbereich schon seit zehn Jahren, und ich erfülle unterschiedliche Tätigkeiten als Praxisanleiter und als Mitarbeiter im Team.
Lisa Baumgartner
Neonatologie, wer sind da Ihre zu betreuenden Personen?
Enis Smajic
Ja, die Alterspanne reicht von der 23. Schwangerschaftswoche bis zum ersten vollendeten Lebensjahr, und diese Kinder haben unterschiedliche Schwerpunkte. Also wir als Klinik, man kanns es so zusammenfassen: Wir haben drei große Schwerpunkte. Die Schwerpunkte sind einerseits Hochrisikofrühgeborene mit einem niedrigen Geburtsgewicht und die unterschiedliche Erkrankungen während dieser Phase haben. Damit sind gemeint, wie zum Beispiel Sauerstoffmangel während der Geburt, aber auch zum Beispiel Fehlbildungen des zentralen Nervensystems. Der zweite Schwerpunkt konzentriert sich auf die Beatmung und Atmungsunterstützung, wo hier zum Beispiel angeborene Fehlbildungen unter Umständen medizinisch und pflegerisch versorgt werden müssen, und der dritte Schwerpunkt ist die peri- und postoperative Intensivtherapie. Das sind Erkrankungen gemeint wie Fehlbildungen der Bauchdecke, Fehlbildungen der Speiseröhre und des Darms oder Frühgeborene, die eine angeborene Fehlbildung des Herzens haben. Also multiple Erkrankungsbilder, die sehr weit gefächert sind.
Lisa Baumgartner
Die Neonatologie ist ein Teilgebiet von der Kinder- und Jugendlichenpflege, und wenn ich so mit den Studierenden hier an der FH Campus Wien spreche, die so knapp vor ihrem Bachelorstudiumsabschluss stehen, dann sagen sehr viele: Ja, also nach dem Studium möchte ich unbedingt in die Kinder- und Jugendlichenpflege gehen. Warum ist das denn so? Was macht denn besonders diesen Teilbereich der Gesundheits- und Krankenpflege so faszinierend aus ihrer Perspektive?
Enis Smajic
Ja, die Kinder- und Jugendlichenpflege ist aus mehreren Gründen faszinierend und einzigartig. Sie fordert ein hohes Maß an Fachwissen, an Einfühlungsvermögen und Kreativität, um auf die entwicklungsbedingten Bedürfnisse von Kindern und Jugendlichen einzugehen. Das Schöne dabei ist, dass die Altersspanne von null bis zum 18 vollendeten Lebensjahr ist, und dass es deswegen so fachlich herausfordernd ist. Im Mittelpunkt steht die Familie, und, wie man schon vorher gehört hat, allein die Kinder- und Jugendpflege deckt sehr viele Erkrankungen in der akuten und in der chronischen Phase ab, die sehr viel Know-how erfordert, aber auch sehr praktische Fertigkeiten bei den Patient*innen und bei der Familie. Und, wir wissen ja auch, dass die Kinder- und Jugendlichenpflege noch mehr zu bieten hat. Es gibt ja auch das Projekt School Health Nurse, das heißt, man kann auch hier in der Bildung tätig werden, als diplomierte Gesundheits- und Krankenpflegerin oder Diplomierter Gesundheits- und Krankenpfleger, um einfach Prävention und Gesundheitsförderung im Setting Schule zu betreiben.
Lisa Baumgartner
School Health Nurse, das ist ja im edukativen Bereich sozusagen. Da geht es darum, den Kindern eine gewisse Kompetenz zu vermitteln. Kompetenz vermitteln wird wahrscheinlich bei der Kinder- und Jugendlichenpflege, besonders im Zusammenhang mit Familie auch ein Schwerpunkt sein, oder?
Enis Smajic
Ja, definitiv, das Ziel ist ja pflegerische, aber auch ärztliche Maßnahmen den Bezugspersonen, aber auch den Kindern beizubringen, damit diese befähigt werden, selbstständig diese auch durchzuführen. Unter sprechen wir natürlich auch von vielen akuten, aber auch von vielen chronischen Erkrankungen, die das Familiensystem hier durcheinanderbringen kann.
Lisa Baumgartner
Es ist sehr emotional auch besetzt?
Enis Smajic
Ja, sehr emotional und eine kommunikative Herausforderung, um einfach auch das zu bewältigen. Und dazu ist natürlich sehr viel spezialisiertes Fachwissen notwendig, weil jedes Kind von der Altersspanne von null bis 18 eine unterschiedliche Entwicklung hat. Und dementsprechend muss man natürlich als diplomierter Gesundheits- und Krankenpfleger oder Krankenpflegerin hier kommunikative Skills mitbringen, damit man das bewältigen kann.
Lisa Baumgartner
Emotional ist vermutlich auch die Neonatologie besonders, weil es ja um ganz, ganz junge Menschen geht. Welche personal skills sind denn da für die Gesundheits- und Krankenpfleger*innen nötig?
Enis Smajic
Also, ganz klar Kommunikationsfähigkeit. Die Eltern haben das Bedürfnis, eine klare und einfühlsame Kommunikation, dass die gewährleistet ist - andererseits auch sehr viel Feingefühl und Einfühlungsvermögen, das heißt, es ist notwendig, dass man auf diese emotionalen Bedürfnisse von den Kindern, aber auch von den Eltern eingeht und diese auch im Setting integriert. Dann aber auch natürlich Teamfähigkeit. Es gibt ja sehr viele stressige Situationen auf der Station, die bewältigt werden müssen, und dementsprechend funktionieren wir nur, wenn wir ein multiprofessionelles Team um uns haben, damit wir die Herausforderungen an der Station bewältigen können. Aber auch sehr viel Geduld und Ausdauer. Geduld und Ausdauer impliziert, dass es doch unter Umständen sein kann, dass wir Familien betreuen, die sehr lange und sehr, sehr intensive Pflege mit ihren Kindern benötigen. Und, da ist es auch sehr wichtig, dass man einfach Geduld mitbringt, damit man einfach das gut managen kann. Es erfordert auch sehr viel psychische Belastbarkeit, weil, wenn man kranke oder chronisch kranke Kinder in einem Bereich betreut, die sehr viel intensivmedizinische Therapie benötigen, dann ist einfach diese psychische Belastbarkeit ein wichtiges Kriterium, um lange an der Stationen verweilen zu können.
Lisa Baumgartner
Das heißt, man muss lernen, sich auch gut abzugrenzen?
Enis Smajic
Eindeutig, Abgrenzen ist sehr wichtig, weil wir doch mit sehr vielen Schicksalen konfrontiert sind, die herausfordernd sind. Und ein weiterer Punkt, der zu erwähnen ist, ist das Fachwissen der Neonatologie. Das heißt umfassende Kenntnisse über die Pflege und die Bedürfnisse von Neugeborenen, die sehr breit gefächert sind und umfassend sind.
Lisa Baumgartner
Sie haben gesagt, sie arbeiten auf der neonatologisch Intensivstation, müssen da Gesundheits- und Krankenpflegepersonen dafür eine spezielle Intensiv-Ausbildung auch noch absolvieren?
Enis Smajic
Ja, sie müssen das. Also, die Kinderintensivpflege gehört zu den Settings und zielgruppenspezifischen Spezialisierungen in der Gesundheits- und Krankenpflege. Darunter fallen wie zum Beispiel die Kinder- und Jugendpflege, die psychiatrische Gesundheits- und Krankenpflege, die es Intensiv-Pflege oder die Pflege bei Nierenersatztherapie. Das heißt im Umkehrschluss, dass man verpflichtet ist, ab Beginn der Tätigkeit innerhalb von fünf Jahren diese Spezialisierung zu absolvieren. In der Regel wird diese vom Arbeitgeber gezahlt. Das heißt, dass diese Ausbildung während des Dienstverhältnisses stattfindet und einen großen Benefit für die Mitarbeiter*innen darstellt. Und man darf nicht vergessen, es handelt sich hierbei um eine zusätzliche Berufsberechtigung in der Kinderintensivpflege, das heißt, man muss diese erfüllen, damit man einfach in diesem Bereich weiter berufsberechtigt bleibt.
Lisa Baumgartner
Sie sind Lehrender bei uns an der FH Campus Wien und lassen also die Studierenden von Ihren vielen Erfahrungen profitieren. Aber Sie haben auch selbst immer wieder geschaut, dass Sie sich weiterentwickeln und weiter ausbilden. Sie bezeichnen sich selbst als Gesundheits- und Krankenpfleger mit Kompetenzen in Pflegewissenschaft, Management, Lehre und klinischer Praxis. Warum ist es Ihnen denn so wichtig, Ihre Kompetenzen immer weiter auszubauen?
Enis Smajic
Ja, ganz einfach, ich nehme diese Aussage "Lebenslanges Lernen" sehr ernst. so ist es, dass ich bis jetzt seit meinem zweiten Diplom im Jahr 2011 weiter studiert habe. Ja, wieso mache ich das? Eine sehr berechtigte Frage. Stillstand bedeutet, dass wir uns nicht weiterentwickeln, und damit der Stillstand hier nicht stattfindet, wollte ich mir immer neues Wissen aneignen, um einfach mich selber zu befähigen, in der Praxis, in der Pflegepraxis, besser zu werden. Dieses lebenslange Lernen hat auch den Vorteil, dass man andere Perspektiven und Möglichkeiten sieht, die die Pflege zu bieten hat. Aber auch, man sieht in der Praxis, dass medizinisches und pflegerisches Wissen schnell nicht mehr zeitgemäß ist, und daher ist es von großer Bedeutung, in sich und auch in Bildung zu investieren. Denn, ohne evidenzbasiertes Wissen kann ich mit Ärzt*innen nicht auf Augenhöhe diskutieren und argumentieren, da hier immer das Forschungswesen eine Grundlage darstellt, um die Patientinnen lege artis zu versorgen. Es geht ums Besserwerden in vielen Kompetenzen, und das war auch mein Credo, das ich mir als Ziel gesetzt habe. Und, man darf nicht vergessen, dass die Pflege sehr vielseitig ist, vielseitig, aber auch spannend, und diese bietet unglaublich viele Möglichkeiten in der persönlichen Entwicklung. Ich kann mich noch an meiner Lehrerin in der Allgemeinen Gesundheits- und Krankenpflegeschule in Hietzing noch erinnern, die im Pflegewissenschaftsunterricht gesagt hat - sie hat eine berühmte Pflegewissenschaftlerin zitiert, Käppeli, die gesagt hat, ich zitiere: "Die Praxis ist nur so gut wie ihr theoretisches Fundament. Ohne Theorie keine Praxis." Und das ist wichtig, dass man das weiß. Und wenn man sich meine Schwerpunkte jetzt anschaut, ich habe doch sehr viel gemacht, dann ist mein Schwerpunkt die Kinder- und Jugendpflege und die Kinder-Intensivpflege. Und, wenn man sich meinen sehr langen Lebenslauf ansieht, dann ist mir die Praxisanleitung sehr, sehr wichtig, weil die Praxisanleitung der Türöffner ist, um neue Kolleginnen und Kollegen zu integrieren und ans Unternehmen zu binden. Und ich weiß ja auch immer, dass Studierende zu mir herkommen und dann mich bestimmte Sachen fragen. Deswegen sehe ich das als Pflicht, dass man als Pflegender in der Praxis sich stetig weiterbildet, um einfach up to date zu sein, damit meine Studierenden mit neuen Wissen begegnen kann.
Lisa Baumgartner
Also, Pflegewissenschaft ist ganz, ganz wichtig. Vielleicht konkretisieren Sie es noch einmal, warum es so ein großer Teil auch im Studium ist.
Enis Smajic
Wir brauchen für unsere Pflegehandlungen, was evidenzbasiert und effektiv sein soll, eine wissenschaftliche Fundierung. Ohne wissenschaftliche Fundierung haben wir keine Grundlage für unser pflegerisches Handeln in der Gesundheits- und Krankenpflege. Ein zweiter großer Schwerpunkt ist die Qualitätsverbesserung. Das heißt, die Qualität der pflegerischen Versorgung wird mit Pflegewissenschaft kontinuierlich verbessert. Aber auch ein sehr wichtiger und erwähnenswerter Punkt ist die Professionalisierung. Sie unterstützt die Professionalisierung des Pflegeberufes, indem sie das Wissen und die Kompetenzen der Pflegeperson erweitert. So ist es jetzt auch seit 2024 möglich, dass man nur die Ausbildung, also die Ausbildung zum gehobenen Dienst für Gesundheits- und Krankenpflege, nur im tertiären Ausbildungsbereich nur machen darf, und das finde ich gut. Ein weiterer wichtiger Punkt ist die ja Patientenzentrierung. Was heißt das? Dieser legt den Fokus auf das Erleben und die Bedürfnisse der Patient*innen, um hier eine patientenzentrierte Pflege durchzuführen, und dazu ist einfach Pflegewissenschaft notwendig. Man muss auch innovativ bleiben, und die Pflegewissenschaft treibt diese Innovationen voran, indem es die neuen Pflegetechniken und Methoden erforscht und entwickelt. Und ein letzter genannter Punkt ist ja, was mir sehr wichtig ist, deswegen bin ich ja auch sehr viel in der Lehrer tätig, dass die Pflegewissenschaft eine gute Grundlage für die Ausbildung von Pflegepersonen gewährleistet, und sie trägt auch dazu bei, die Curricula weiterzuentwickeln, damit diese das Theorie-Praxis-Gefälle reduzieren.
Lisa Baumgartner
Haben Sie selber auch schon, weil Sie sprechen von Innovation - Wissenschaft bringt Innovation - haben Sie selber auch schon an pflegewissenschaftlichen Projekten mitgewirkt? Was haben Sie da weiterentwickelt?
Enis Smajic
Also, mein größtes Projekt war eine Kangaroo-Studie, Kangaroo-Care wird auch umgangssprachlich Kangaroo-Mother-Care oder Skin to Skin-Contact in der Literatur genannt, es ist damit gemeint, dass das Kind mit nacktem Oberkörper zu seinen Eltern, also das frühgeborene Kind, herausgelegt wird, damit einfach die Entwicklung des Kindes damit gefördert wird. Man weiß von der Pflegewissenschaft, aber auch von Pflegeforschung, dass es sehr, sehr viele Vorteile für das Kind, aber auch für die Eltern bringt. Meine Literaturrecherche hat ergeben, dass es wenig oder keine Daten in Österreich gibt, und deswegen habe ich im Rahmen einer Masterarbeit diese erstmalige Erhebung in Österreich durchgeführt, die persönliche Überzeugungen, persönliche Kenntnisse und Barrieren für die Implementierung in der Gesundheits- und Krankenpflege erfasst hat. Sonst bin ich in der Arbeit sehr bemüht, im multiprofessionellem Team Checklisten, Leitlinien und SAPs weiterzuentwickeln, damit einfach diese multiprofessionelle Zusammenarbeit gewährleistet wird. Und mein aktuelles Projekt, in dem ich befinde, das ist im Rahmen meines PhDs: Da geht es um das Erleben der elterlichen Kompetenz hinsichtlich der Intervention Kangaroo Care. Zum guten Schluss: Mein Herzensprojekt ist der QR-Code basierte Arbeitsleitfaden für neue Mitarbeiter*innen in der Pflege.
Lisa Baumgartner
Was ist das genau?
Enis Smajic
Der Leitfaden, ist ein Instrument, das neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter befähigt, andere Station, sich gut einzufinden. Das heißt, es dient als Kompetenzerwerb in der Neonatologie. Man muss sich das so vorstellen: Man kommt frisch aus dem Studium, ist Generalist und ist mal von diesen Eindrücken überfordert. Neue Kolleginnen und Kollegen, die Umgebung, da natürlich auch die Krankheitsbilder der Patient*innen. Man steht vor sehr vielen Herausforderungen, und um diese Herausforderungen besser bewältigen zu können - wir als Team haben versucht, ein digitales Instrument zu erstellen, wo Leitlinien, wo Checklisten, wo alles, was die Station betrifft an Wissen ausgewählt wurde, um es einfach den neuen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zur Verfügung zu stellen. Wir haben es gemacht, um den Kompetenzerwerb in der Neonatologie zu verbessern - einerseits. Andererseits war das Ziel auch, das Onboarding im Wiener Gesundheitsverbund an einer Nicu zu fördern. Ein auch sehr erwähnenswerter Punkt ist, die Digitalisierung in der Pflege aufzubauen. Das heißt, man kann sich so vorstellen, dass dieser QR-Code basierte Arbeitsleitfaden mit QR-Codes versehen ist, und man kann auf diese draufklicken oder mit den Handys einscannen, und dann kommt man zum Beispiel zu einer Checkliste, zu einer Erklärung oder zu einer speziellen Information, was Station betrifft. Das heißt, dieser Arbeitsleitfaden ist sehr individuell auf die Station hingerichtet, sodass einfach diese Zusammenarbeit im interprofessionellen Team schon von Anfang an gewährleistet wird. Und ein weiterer wichtiger Punkt ist diese Förderung von EBN, also von Evidence Based Nursing im Fachbereich, weil hier nicht nur Erfahrungswissen in diesen Arbeitsleitfaden implementiert wurde, sondern natürlich auch evidenzbasiertes Wissen, um einfach stetig am Ball zu bleiben.
Lisa Baumgartner
Das heißt, ich kann als Mitarbeitende, als Mitarbeiter recht schnell zu meinen Informationen kommen, und ich brauche nur das Handy, klickt das an, das Thema, das mich gerade beschäftigt, und bekommen Informationen, Hilfestellung und kann schon im interprofessionellen Team weiter arbeiten.
Enis Smajic
Ja, so kann man sich das vorstellen, aber er ist auch dazu gedacht, dass man - Beispiel - ich führe jetzt an, ein Kind bekommt einen zentralenvenösen Zugang, und ich kann mit diesem Arbeitsleitfaden überlegen, welche Dinge sind notwendig, damit ich mir die Sachen vorbereiten kann als Pflegeperson. Was ist an Material notwendig, was ist in der Durchführung notwendig und was ist in der Nachsorge notwendig? Und dazu gibt es halt auch Lücken, die man ausfüllen kann. Das heißt, erst dazu gedacht, dass man auch sich Sachen aufschreiben kann. Oder ein anderes Thema ist Medikamentenberechnungen. Ich weiß aus Erfahrung, dass sich viele neue Kolleginnen und Kollegen, die bei uns anfangen, eine sehr große Herausforderung ist, dass sie Medikamente berechnen. Und auch hier habe ich in diesem Arbeitsleitfaden diesen Schwerpunkt so gelegt, dass viele Übungsbeispiele drin sind, um einfach dieses komplexe Berechnen so einfach wie möglich zu gestalten.
Lisa Baumgartner
Das ist ja sicherlich auch ein sehr großer emotionaler Stressfaktor, gerade Medikamentenberechnung, oder?
Enis Smajic
Ja, definitiv, weil wir wissen, ja, es gibt keine Medikamente für die Kinderpflege, das heißt, die Medikamente, die wir alle verwenden, sind eigentlich eine Erwachsenen-Dosierung, und wir müssen uns immer die Medikamente für jedes Kind mit jedem Gewicht berechnen, damit dieses Medikament so ankommt, wie wir es gerne hätten.
Lisa Baumgartner
Auf welche Informationen von dem digitalen Leitfaden greifen denn die neuen Kolleginnen und Kollegen der Neonatologie noch sehr gerne dazu?
Enis Smajic
Ja, anderes Beispiel ist die Blutgasanalyse, die immer große Herausforderung darstellt. Auch hier wurden Beispiele implementiert, wo man dann erkennen muss, was ist das für eine Blutgasanalyse? Ist das Kind kritisch krank oder nicht kritisch krank, wenn du diese Parameter siehst. Oder Beispiel: Hautpflege bei Kindern, man kann sich dann etwas über Hautpflege durchlesen, sich anschauen, welche Schwerpunkte setzt man bei Kindern unter der 28. Schwangerschaftswoche? Welche Herausforderungen oder Schwerpunkte gibt es im Rahmen des Wundmanagements bei frühgeborenen Kindern? Das heißt, er ist sehr interaktiv erstellt, sodass auch hier möglichst viele Sinne gefördert werden, damit die neuen Kolleginnen und Kollegen hier sich sehr viel mitnehmen können.
Lisa Baumgartner
Sie lehren die new generation der Gesundheits- und Krankenpflege. Was möchten Sie denn den Studierenden im Bachelorstudium auf ihrem Berufsweg mitgeben?
Enis Smajic
Ja, dass sie stolz sein können, dass sie diesen Weg eingeschlagen haben. Sie leisten einen wichtigen und wertvollen Beitrag für die Gesundheitsversorgung als zukünftige Generalistinnen und Generalisten in der Gesundheits- und Krankenpflege. Und auch wenn das Studium ab und zu hart erscheint, Augen zu und durch, und man darf nie den Fokus verlieren, was man gerne erreichen möchte. Und die Pflege ist ein wunderbarer und schöner Beruf, der sehr viele Möglichkeiten bietet, Möglichkeiten in unterschiedlichen zielgruppen-spezifischen Settings, wie in der Kinder- und Jugendlichenpflege, in der psychiatrischen Pflege, in der geriatrischen Pflege. Also, es ist sehr, sehr breit gefächert, und ohne uns geht es halt nicht. Wir sind ein wichtiger Baustein im Gesundheitssystem, und ich bin froh, dass die zukünftigen Kolleginnen und Kollegen sich hier entschieden haben, Gesundheits- und Krankenpflege zu studieren.