Gender & Diversity: Bildung für alle fördern

Wie wir erfolgreich Chancengleichheit und Diversität fördern.

Frauen sind nur eine Gruppe, die von den Gender & Diversity- Maßnahmen der FH Campus Wien profitieren. Anlässlich des Frauentags am 8. März fassen Ulrike Alker und Corina Exenberger, Leitung und Mitarbeit Abteilung Gender & Diversity Management, zusammen, wie wir Frauen für ein Technikstudium begeistern und wie wir dazu beitragen, dass sich alle an der FH willkommen, respektiert und unterstützt fühlen. Die Diversitätsstrategie „Diversität konkret“ verankert nachhaltig Diversitätsmanagement, sensibilisiert, schafft Bewusstsein und trägt zur diversitätsfördernden Organisationskultur bei. Vor kurzem wurde der FH Campus Wien dafür der Diversitas-Preis 2020 verliehen.

5.3.2021

Gender & Diversity: Bildung für alle fördern

Lisa Baumgartner
Fein, dass Sie wieder bei Neunmalklug reinhören. Ich bin Lisa Baumgartner. Ich verspreche Ihnen diese Folge von Neunmalklug betrifft mehr noch als alle anderen folgen uns alle. Sie, liebe Zuhörende, und meine Gäste und mich. Wir sitzen alle im gleichen Schiff - philosophisch gesehen. Aber Sie werden sicherlich sofort verstehen, worum es geht. Wenn ich Ihnen meine Gäste vorstelle. Danke fürs Zeitnehmen, sage ich: Ulrike Alker und Corina Exenberger. Sie beide sind an der FH Campus Wien tätig in der Abteilung Gender & Diversity Management. Und genau das ist der Punkt. Das Thema heute: Gender & Diversity, Gleichstellung unabhängig von Geschlecht, Alter, Kultur, sozialem Umfeld, Hautfarbe und so weiter. Ja, und wie wir die Basis dafür an der FH schaffen. Frau Alker, Sie lehren an der FH Campus Wien und leiten die Abteilung Gender & Diversity Management. Aktivitäten in diesem Bereich setzt ja die FH schon seit mehr als 15 Jahren. Gender and Diversity. Was hat das für eine Bedeutung? Wofür steht es?

Ulrike Alker
Ja, vielen Dank für die Möglichkeit, das hier zu präsentieren und über unsere Arbeit zu sprechen. Die Begriffe Gender and Diversity sind natürlich immer wieder heiß umstritten. Es wird immer drüber diskutiert. Was heißt das eigentlich? Und jetzt möchte ich mal versuchen, da ein bisschen Licht ins Dunkel zu bringen. Das Wort Gender ist ein englisches Wort und steht für Geschlecht, aber nicht für das biologische Geschlecht, sondern für das soziale Geschlecht. Und was heißt das?

Lisa Baumgartner
 Genau! Bitte?

Ulrike Alker
 Das heißt, in diesem Diskurs um Gender geht es nicht darum, welche Zuordnung wir nach der Biologie vornehmen, sondern es geht darum, welche Formen von Weiblichkeit und Männlichkeit von den Menschen konstruiert werden. Das heißt, es geht um die Zuschreibungen, um die Bilder in unseren Köpfen. Und diese sozialen Konstrukte, die wir alle im Kopf haben und mit denen wir alle leben, wenn wir noch so bewusst sind, di e entstehen durch Erziehung, durch Vorbilder, durch Erwartungen, aber natürlich auch durch Bilder und Sprache. Das hat vielfältige Ursachen, warum solche Bilder entstehen. Und diese Bilder sind nicht so leicht wieder aus den Köpfen rauszukriegen. Das heißt, wir leben damit. Je bewusster wir sind, dass wir diese Bilder im Kopf haben, desto besser wird es uns auch gelingen, hier die Konstrukte aufzulösen und vielleicht durch andere, breitere oder differenziertere zu ersetzen. Ich kann das z.B. noch illustrieren dadurch, dass die Zuschreibungen und Rollenbilder in verschiedenen Kulturen sehr unterschiedlich sind. Also z.B. im arabischen Raum, wird den Frauen das technische und mathematische Verständnis zugeschrieben. Wir wissen, dass das bei uns nicht so ist. Also das heißt, am biologischen Geschlecht kann es nicht liegen, dass im arabischen Raum viel mehr Frauen in technischen Studienrichtungen sind als bei uns. Und ich finde, das ist ein gutes Beispiel, um zu verstehen, was damit gemeint ist. Ja, Gender Mainstreaming ist ein Begriff, der darauf abzielt, Gender, also dieses Wissen um die Rollenbilder, um die Zuschreibungen in den Mainstream zu bringen. Das heißt, wir versuchen bei allen Entscheidungen. politischen und anderen Entscheidungen, diese Kategorien mitzudenken und zu schauen, ob das, was wir machen, für Frauen und Männer und für alle Geschlechter sich gleichermaßen auswirkt. Also wir kennen zum Beispiel Gender Budgeting, ja, wo man schaut, ob das Geld, das irgendwo in die Hand genommen wird, nicht nur bei einem Geschlecht ankommt, sondern bei allen Geschlechtern. Also, man versucht das mitzudenken und gut darauf zu achten, dass nicht nur ein Geschlecht im Vordergrund steht. Ja, die Frage war auch: Was ist Diversity? Unter Diversity verstehen wir die Vielfalt in der Gesellschaft. Und da geht es, genauer gesagt um die soziale Vielfalt. Und da geht es immer darum, wer ist hier und wer ist nicht hier. Also, wir schauen Welche Barrieren gibt es? Welche Ausschlussmechanismen gibt es? Wie werden die wirksam? Wo führen sie auch zur Ungleichbehandlung, zu Diskriminierung und andererseits aber auch zu Privilegien? Und genau diese Privilegien führen dazu, dass es oft von vielen Menschen gar nicht so gewünscht wird, dass wir das verändern. Denn wenn man Privilegien hat, ist es immer schwer, sie aufzugeben. Unser Verständnis von Diversity ist, dass Vielfalt eine Bereicherung ist. Und die Multiperspektivität in vieler Hinsicht uns allen einen Mehrwert bringt. Und wir versuchen, die Vielfalt unserer Studierenden und Mitarbeiter*innen zu fördern und so eine Fachhochschule für alle zu sein. Egal, wo sie herkommen, welchem Geschlecht sie sich zuordnen, wie alt sie sind, welche sexuelle Orientierung sie haben, ob sie eine Behinderung, chronische Krankheit haben oder nicht. Also das Ziel ist, die Vielfalt in der Gesellschaft auch an der FH Campus Wien abzubilden - die Menschen, die wir draußen sehen, auf der Straße, auch hier im Haus wiederzufinden.

Lisa Baumgartner
Wir haben uns ja ganz bewusst den Zeitpunkt ausgesucht für unser Gespräch. Frauentag, Internationaler Frauentag am 8. März. Frauen fördern und zur Gleichstellung verhelfen. Chancengleichheit - sollte das nicht gelebter Alltag sein? Also ist Frauenförderung immer noch notwendig?

Ulrike Alker
Leider ist diese Antwort: Ja, mit Rufzeichen. Es gibt noch wahnsinnig viel zu tun, wenn die Ungleichheiten, die Frauen betreffen, in vielen Bereichen der Gesellschaft noch immer bestehen. Begonnen von dem Equal Pay Gap, also dem Unterschied zwischen den Einkommen zwischen Frauen und Männern bis zu den Betreuungsplichten in den Familien. Z.B. die Betreuung von Kindern oder älteren Familienmitgliedern liegt noch immer zum Großteil bei Frauen. Das wirkt sich natürlich auch auf das Arbeitsleben der Frauen aus. Das heißt, sie werden sehr oft in Teilzeit gezwungen, mehr oder weniger, weil sie ja diese vielen anderen Pflichten auch noch erfüllen. Und, wenn eine sehr lange Lebensarbeit Spanne mit Teilzeit verbracht wird, dann wirkt sich das natürlich auch auf die Lebensverdienstsumme aus. Und ich denke, dass gerade in Zeiten von Corona wir auch gesehen haben, dass Frauen in vieler Hinsicht mehrfach belastet sind und viele Unterschiedlichkeiten zwischen den Lebenswelten von Männern und Frauen noch immer bestehen. Und solange das der Fall ist, geht es hier darum, Defizite auszugleichen. Und dazu brauchen wir solche Events wie den Frauentag, wo wir auf diese Sachen aufmerksam machen, wo wir die Anliegen der Frauen auch nochmal in die Öffentlichkeit holen und in der Gesellschaft darauf hinzuweisen, dass das Ziel immer sein muss, allen Menschen den Zugang zu den Ressourcen gleichermaßen zu geben und sie gleichberechtigt in der Gesellschaft zu stellen.

Lisa Baumgartner
Ein Programm, das ja schon relativ lange gelebt wird, betrifft eben auch Frauen, Frauen in die Technik, das FiT-Programm. Wie hat denn da alles begonnen?

Ulrike Alker
Als die FH Campus Wien gegründet wurde, war der Technik-Bereich der einzige Bereich, den wir hier hatten. Und sehr schnell war klar, Frauen sind hier in der Minderheit und die Multi- und Vielperspektivität im Technik-Bereich war dadurch überhaupt nicht gegeben. Also im Technik-Bereich ist sofort aufgefallen, wir brauchen weibliche Studentinnen, wir brauchen weibliche Lehrende, wir brauchen mehr weibliches Personal auch in anderen Ebenen im Technik-Bereich. Und meine Abteilung wurde gebeten Ausschau zu halten. Wie können wir denn da arbeiten? Wir haben uns zahlreiche Maßnahmen überlegt und vor ungefähr zwölf Jahren ist dann zusätzlich zu unseren Aktivitäten das AMS an uns herangetreten und hat uns eingeladen, gemeinsam in einem Kooperationsprojekt Frauen, die beim AMS gemeldet sind, für technische Studiengänge zu gewinnen und das durch einen vorgelagerten Kurs, der ihnen das ermöglichen sollte. Und so wurde die Vorqualifizierung für Frauen hier im Haus etabliert und seither gibt es die jedes Jahr mit großem Erfolg, weil wir haben ja schon Frauen jetzt auf allen Ebenen der Institution auf diese Art und Weise gut implementieren können. Und, was für mich hier das Wichtige ist: Man sieht, es geht. Ja, es stimmt nicht, dass Frauen nicht sich für Technik interessieren oder nicht für Technik gewonnen werden können. Wenn man Ressourcen in die Hand nimmt, das heißt Zeit, Personal und Geld, dann klappt das. Und die Frauen kommen und sind höchst erfolgreich auf allen Ebenen.

Lisa Baumgartner
Das FiT-Programm setzt ja schon weit früher an. Jetzt nicht nur erwachsene Frauen, sondern auch junge Mädchen sollen sich für Technik interessieren. Was gibt es denn da?

Ulrike Alker
Eigentlich sollten die Maßnahmen im Mutterleib beginnen. Je früher wir diese Bewusstseinsbildungsprozesse in Gang bringen, desto eher werden wir Erfolg haben. Also ich glaube, dass den Kindergärten, den Schulen hier eine enorm wichtige Rolle zukommt. Aber natürlich auch den familiären Umfeldern. Weil, wenn ein junges Mädchen sagt, ich möchte in die HTL gehen, und alle sagen: Nein, was machst du dort? Dann wird sie sich nicht sehr motiviert fühlen und hat große Widerstände zu überwinden, um ihren Wunsch durchzusetzen. Das FiT-Programm vom Sprungbrett Wien setzt genau hier an und bietet Schülerinnen des vorletzten und letzten Schuljahres der Oberstufe die Möglichkeit, Technik sehr Hands-on kennenzulernen. Und da ist die Campus Wien auch dabei, schon von Anfang an, und haben mit Workshops, wo Schülerinnen aktiv Technik erleben können, gesorgt dafür, dass wir da auch zukünftige Studentinnen für technische Studienrichtungen gewinnen können. Und da geht's um Passwortsicherheit oder um alle möglichen technischen Gadgets, die man dann bauen, mitnehmen kann und die dann einen wirklichen Zugriff auf technische Möglichkeiten bieten und das nicht im abstrakten irgendwo bleibt. Das, glaube ich, ist das Wichtigste, weil wir wissen, Frauen verwenden Technik, die Frauen verwenden ihre Handys, verwenden 1.000 andere Dinge, die technisch sind, also, wo ist das Problem?

Lisa Baumgartner
Die Berührungsängste noch mehr zu reduzieren. Was habt ihr dann noch alles, um Frauen für ein Technikstudium zu begeistern?

Ulrike Alker
Es gibt natürlich die Möglichkeit auch Role Models kennenzulernen, Frauen, die in der Technik stehen, die darüber berichten können. Und dann gibt es Programme, die Frauen, die hier schon Interesse zeigen, also z.B. sich in einem technischen Studiengang bewerben, durch ein Buddy-System zu unterstützen. Weil wir gemerkt haben, wenn Frauen, die so in der Minderheit sind, irgendwelche Probleme haben oder Ängste, dass sie mehr gefährdet sind, das Studium abzubrechen. Wenn sie aber eine Ansprechperson haben, mit der sie das besprechen können und sich informieren können, was denn wirklich dahintersteckt und nicht in dieser dubiosen Angst verbleiben müssen, dann überlegen Sie sich das sehr oft und sind dann doch weiterhin im Studiengang verankert. Und das war uns sehr wichtig. Die wenigen Frauen, die wir gehabt haben, wir auch zu halten und nicht wieder zu verlieren. Deshalb gibt's dieses Buddy-System, das darauf aufbaut, dass Ältersemestrige, Studierende, den Frauen hier zur Seite stehen.

Lisa Baumgartner
Gibt's noch etwas? Ich meine schon im Schritt davor. Ich kann mir vorstellen, man hat in der Schule Mathematik und Physik gehabt, aber das hat man ja wahrscheinlich nicht so oft angewendet. Und das sind wahrscheinlich die Fächer, die ein bisschen Angst machen den Frauen, die sich für Technik Studium interessieren.

Ulrike Alker
Da haben wir auch etwas etabliert an der Fachhochschule, das sich sehr gut bewährt. Das sind die sogenannten Brücken-Kurse, wo vor Studienbeginn von Lehrenden der FH Campus Wien Kurse abgehalten werden, die das Ziel haben, die zukünftigen Studierenden auf ein Level zu bringen, das ihnen das Studium dann problemlos ermöglicht. Und das bewährt sich auch sehr gut. Das ist zwar in den Ferien, erfreut sich aber trotzdem großen Zuspruchs. Also, ich glaube, dass das ganz wichtig ist, an allen Ecken und Enden anzusetzen, Angebote zu machen. Und ich denke auch zum Beispiel Frauen mit migrantischen Erfahrungen hereinzuholen, in der Sprache zu unterstützen und zu begleiten. Also ich glaube, es gibt ein unendliches Feldern Möglichkeiten, wenn man das möchte, hier erfolgreich zu sein.

Lisa Baumgartner
Corina Exenberger, Sie leiten ja das FiT-Programm an der FH Campus Wien. Welche Fragen von Frauen kommen denn da an Sie? Welche Ängste müssen Sie ausräumen?

Corina Exenberger
Ich leite ja das FiT-Programm, das wir mit dem AMS schon seit 2010 durchführen. Und das richtet sich ja konkret an Frauen, an erwachsene Frauen, die im zweiten oder dritten Bildungsweg dann oft erst ein technisches Studium beginnen wollen. Meine Matura ist schon so lange her, kann ich das überhaupt schaffen? Wie geht sich das aus? Ich habe Kinder zu Hause, die sind schulpflichtig? Und da haben wir eben ein Angebot konkret geschaffen, gemeinsam mit dem AMS, die technische Vorqualifizierung, die genau diese Fragen dann auch beantworten soll. Also, die technische Vorqualifizierung, die finden wir immer im Sommersemester Uhr. Es ist ein 12-wöchiger Vorbereitungskurs für Frauen, die beim AMS arbeitssuchend gemeldet. Und der Schwerpunkt von dieser Qualifizierung liegt auf dem Studium Computer Science and Digital Communications. Das heißt, da jetzt in den Bereich Informatik, digitale Kommunikationstechnik. Und, wie schon gesagt, die Frauen haben die Möglichkeit, diese Fragen, wie sie haben im Rahmen dieser Vorqualifizierung für sich auch zu beantworten. Also, die Matura ist schon lange her. Kann ich das überhaupt schaffen? Ein Ziel, das wir mit dieser Qualifizierung verfolgen, ist das, dass wir eine wirklich sehr gute Vorbereitung, inhaltliche Vorbereitung, auf den späteren Studieneinstieg schaffen möchten. Da geht es ganz stark darum, dass Mathematik auf Oberstufen-Niveau, auf Maturalevel, wiederaufgefrischt werden kann, und das ist sozusagen der Großteil dieser Vorqualifizierung, weil einfach Mathematik die Grundlage für jedes technische Studium ist. Aber wir hören da nicht auf. Also wir vermitteln den Frauen auch Grundkenntnisse in anderen technischen Bereichen. Das kann sein: Programmieren z.B., es kann Digitaltechnik sein oder auch Netzwerktechnik. Das sind alles Fächer, die dann später für das Studium auch sehr relevant sind. Gleichzeitig können die Frauen natürlich durch diese inhaltliche Vorbereitung einfach für sich abklären: Ist es das überhaupt? Will ich damit drei intensive Jahre verbringen? Will ich damit mein restliches Berufsleben vielleicht auch verbringen? Will ich wirklich in die Technik einsteigen? Interessiert mich das ausreichend?

Lisa Baumgartner
Eine Lebensentscheidung.

Corina Exenberger
Genau. Und das ist natürlich ganz super, sag ich jetzt mal, das man etwa 12 Wochen Zeit hat, sich auf unterschiedlichen Ebenen darauf vorzubereiten, auch zu schauen, ob z.B. die Deutsch- und Englischkenntnisse ausreichend sind, dass dann der Unterricht verfolgt werden kann. Und das zweite Ziel, das wir mit der Vorqualifizierung verfolgen und das ist mindestens genauso wichtig, ist, dass es die Frauen in diesen 12 Wochen die Möglichkeit haben, abzuklären, ob ihre persönlichen Rahmenbedingungen auch zu einem Studienalltag passen. Also, wie gesagt, das sind ja dann Frauen, also sind zwischen 25 und 40 Jahre alt. Das heißt, bei den persönlichen Rahmenbedingungen geht es dann auch z.B. darum, ist der Studienalltag vereinbar mit Betreuungspflichten, die ich habe, für meine Kinder vielleicht oder für meine Eltern auch. Auch, ob die finanzielle Absicherung gegeben ist für die kommenden drei Jahre. Und da gibt es ja wie gesagt auch die Unterstützung durch das AMS Wien, gerade in Bezug auf das Finanzielle. Diese Abklärung von den Rahmenbedingungen ist mindestens genauso wichtig wie die inhaltliche Vorbereitung. Weil wenn die Rahmenbedingungen nicht passen, dann kann man auch ein Studium nicht wirklich abschließen.

Lisa Baumgartner
Wir haben schon gehört, das Programm ist erfolgreich. Welche Erfolge können wir denn verbuchen?

Corina Exenberger
Wir haben natürlich schon sehr viele Absolventinnen im Rahmen des FiT-Programms, die jetzt auch in den unterschiedlichen Bereichen der FH auch tätig sind, also in der hauptamtlichen Lehrer z.B., oder in der Forschung. Das sind natürlich sehr tolle Erfolge. Was uns aber auch gelungen ist, ganz besonders durch die technische Vorqualifizierung, die eben auf den Studiengang Computer Science and Digital Communications speziell vorbereitet, da ist es uns gelungen, dass wir in dem Studiengang in der Vollzeitform einen Frauenanteil von 35 Prozent haben. Und das ist, gerade auch im Vergleich zu anderen Studiengängen, wo das FiT-Programm nicht greift, ein sehr hoher Frauenanteil.

Lisa Baumgartner
Frauenförderung ist ja nur ein Punkt in der Strategie der FH Campus Wien. Die Strategie wird bis ins Jahr 2025 konsequent implementiert und umgesetzt. Unter dem Namen "Diversität konkret!" läuft sie und Sie haben dafür vor kurzem eine Auszeichnung bekommen. Und zwar Diversitas-Preis. Frau Alker, bitte erzählen Sie uns davon.

Ulrike Alker
Der Diversity Preis ist natürlich eine Anerkennung unserer Arbeit und wir haben uns wirklich sehr gefreut, ihn bereits zum zweiten Mal - im zweiten Fall sogar als einzige Fachhochschule - erhalten zu haben. Der wird alle zwei Jahre vergeben, und zwar für herausragende Leistungen und Projekte im Bereich Diversity Management an Fachhochschulen, aber auch an Universitäten und Pädagogischen Hochschulen. Im Jahr 2016 haben wir den Preis zum ersten Mal bekommen, und zwar damals den Hauptpreis zum Thema "Barrierefreies Studierenden an der FH Campus Wien". Und wir haben seither sehr viele Maßnahmen in diesem Bereich umgesetzt. Wir haben z.B. jetzt eine Ansprechstelle für Bewerber*innen und Studierende mit Behinderungen und chronischen Erkrankungen, aber auch viele Weiterbildungsangebote für Lehrende und Mitarbeiter*innen im Bereich der Verwaltung. Wichtig ist für uns auch, dass wir bei neuen Projekten, wie z.B. neuen Häusern, die wir bauen, auch von Anfang an darauf zu schauen, dass Barrierefreiheit gewährleistet ist, damit es nicht im Nachhinein unter viel schwierigeren Umständen dann ergänzt werden muss. Heuer, habe ich schon gesagt, aber jetzt sage ich es nochmal, weil wir so stolz drauf sind, haben wir als einzige Fachhochschule einen Hauptpreis bekommen. Und da hat es doch immerhin 25 Einreichungen gegeben und neun davon aus FHs. Und für uns ist das wirklich eine großartige Anerkennung unserer Arbeit und stärkt uns als Abteilung nach innen und außen. Also das motiviert. Das baut auf. Und das ist wirklich etwas Wunderbares, wenn es so einen Preis gibt, der das auch nochmal auf einen Punkt bringt, und sagt: "Schaut, eure Arbeit ist gut und wertvoll." Diese 25.000 Euro sind natürlich zweckgebunden und müssen auch in dem Bereich der Diversity-Maßnahmen ausgegeben werden. Und in unserem Fall versuchen wir hier alle möglichen Maßnahmen weiterzuentwickeln, strategisch zu arbeiten, gute Akzente zu setzen und dann auch mit dem Preis das Bestmögliche für die FH Campus Wien zu machen.

Lisa Baumgartner
Ich gratuliere noch einmal recht herzlich. Fassen wir zusammen. Welches Ziel verfolgen wir mit "Diversität konkret"?

Corina Exenberger
Dahinter steckt ein Projekt sozusagen, wo wir uns auferlegt haben, dass wir eine ganzheitliche Diversitätsstrategie für die FH Campus Wien erarbeiten möchten. Das Ziel, das wir mit dieser Strategie erreichen wollen, dass Diverstity Management, Chancengerechtigkeit und Antidiskriminierung in allen Tätigkeitsfeldern der FH strukturell, aber auch Prozess bezogen verankert wird. Das heißt, dass wir unsere Aktivitäten noch stärker ausrichten wollen an der Strategie der Fachhochschule, an den Zielen der Fachhochschule und auch an den Bedarfen der einzelnen Fachrichtungen, die wir hier an der Fachhochschule haben. Das sind die verschiedenen Departments, die Studiengänge, aber auch die Organisation an sich bzw. die Verwaltungsabteilungen. Und durch diese Strategie wollen wir dann konkret Maßnahmen auch ableiten, die dann die Kernbereiche der Fachhochschule betreffen. Also das sind Lehre, Forschung, aber auch die Weiterbildung, um dort für mehr Chancengerechtigkeit zu sorgen und auch die soziale Durchlässigkeit an der Fachhochschule zu stärken. Das heißt, wir wollen wirklich schauen, dass wir Personen, die die Vielfalt der Gesellschaft, die es in Wien gibt, die es in unserer unmittelbaren Umgebung gibt, auch hier an der Fachhochschule abbilden können. Und da braucht es vielleicht unterstützende Maßnahmen, da braucht es sehr viel Bewusstseinsbildung, auch Sensibilisierung bei unseren Lehrenden oder bei den Verwaltungsmitarbeiter*innen. Das ist ein wesentliches Ziel von der Strategie.

Lisa Baumgartner
Wie profitieren denn die Studierenden dann davon?

Corina Exenberger
Ziel von Diversitätsstrategie ist, wie gesagt, Chancengerechtigkeit und Antidiskriminierung. Das heißt, es geht ganz stark darum, dass wir Barrieren und Hürden abbauen, die es vielleicht bei uns an der FH gibt, und dadurch den Studierenden bessere Möglichkeiten geben, zu uns an die FH zu kommen bzw. dann auch ihr Studium positiv abschließen zu können. Wir wollen im Rahmen von der Diversitätsstrategie auch sehr viele Gespräche führen mit unterschiedlichen Zielgruppen, darunter auch Studierenden, mit der ÖH, wo gibt es Hürden und Barriere, um davon dann Maßnahmen ableiten zu können. Das können dann z.B. Angebote sein für Studierende mit Behinderungen oder chronischen Erkrankungen, für Studierende mit nichtdeutscher Erstsprache, für Studierende, die neben dem Studium arbeiten müssen oder die Betreuungsverpflichtungen haben, aber auch für Studierende, die vielleicht die ersten sind, die in ihrer Familie studieren können. Da kann es sein, dass es einfach im Zugang zum Studium bestimmte Hürden gibt. Die wollen wir mit unserem Angebot und mit diesen Maßnahmen dann auch ableiten. Wie ich schon zuvor gesagt habe, geht es aber auch ganz stark einfach darum, Diversität, Chancengerechtigkeit und Antidiskriminierung auch in unserer Organisationskultur zu verankern auf allen Ebenen. Das heißt, da muss es dann einfach einen sehr umfangreichen Bewusstseinsbildungsprozess geben bei allen Personen, die hier an der Fachhochschule arbeiten.

Lisa Baumgartner
Können wir das nochmal kurz zusammenfassen: Welche Gruppen sind alle in der Strategie enthalten?

Corina Exenberger
Damit die Strategie wirklich auf guten Füßen steht, sozusagen, muss hier eine sehr breite Einbindung erfolgen. Also wir wollen in sogenannten Zielgruppengesprächen mit Studierenden sprechen, mit hauptberuflich und nebenberuflich Lehrenden, mit Forschenden, mit Verwaltungsmitarbeiter*innen, Führungskräften in den Studiengängen, aber auch in der Verwaltung und auch natürlich mit der Hochschulleitung - das ist ganz, ganz wesentlich. Und aus diesen Gesprächen werden wir sehr viele Perspektiven und Bedarfe auch für unsere Strategie ableiten können und dann bis zum Ende unserer Strategieperiode, bis 2025, konkret Maßnahmen umsetzen können. Am Ende von dem ganzen Prozess steht natürlich dann auch eine Evaluierung von den Maßnahmen. Das heißt, wir müssen schauen, was wollen wir so weitermachen, wo müssen wir vielleicht ein bisschen nachjustieren? Oder in welchen Bereichen brauchen wir einfach noch zusätzliche Maßnahmen und Unterstützungsangebote?

Lisa Baumgartner
Frau Exenberger, jetzt ist sehr oft das Wort Maßnahmen gefallen. Können Sie uns ein paar Beispiele nennen?

Corina Exenberger
Was wir alles entwickeln werden, ist noch nicht ganz klar, weil das richtet sich ja ganz stark an den Bedarfen aus, die dann an uns zurückgemeldet werden. Aber wir setzen schon einige Maßnahmen um z.B. das gesamte FiT-Programm, genauso wie das Buddy-Netzwerk oder die Brückenkurse, wo wir auch schauen, dass wir einen guten Übergang zwischen der Bewerbungsphase und dem Einstieg in dieses Studium ermöglichen können. Dann haben wir z.B. ein sehr umfassendes Beratungsangebot für Studierende und Bewerber*innen mit Behinderungen und chronischen Erkrankungen. Das wird auch gerade in den letzten Jahren immer stärker genutzt. Seit 2016 führen wir auch in Kooperation mit dem Fonds Soziales Wien ein Deutschkurs-Projekt durch - "Miteinander Bildung leben" - wo es darum geht, dass Asylwerber*innen, die in ihrem Heimatland ein Studium begonnen haben oder schon abgeschlossen haben, ausreichende Deutschkenntnisse bekommen auf B2- oder C1-Level, damit sie dann hier in Österreich weiter studieren können oder auch entsprechend ihrer Qualifikation auch in das Arbeitsleben eintreten können. Wir haben auch ein sehr umfangreiches Weiterbildungsangebot für Lehrende, Forschende, Verwaltungsmitarbeiter*innen, die sich in dem Bereich Diversität, Diversity Management, Diversität, sensible Lehre oder Forschung hier auch ganz konkret weiterbilden können. Wir haben auch eine eigene Stelle für Gleichbehandlungsfragen, wo sich Studierende, Bewerber*innen, Mitarbeiter*innen hinwenden können, wenn sie an der FH z.B. Diskriminierung erfahren. Und so erfahren wir dann natürlich auch davon. wo es bereits schon Hürden gibt oder Probleme gibt, die wir dann bearbeiten können.

Lisa Baumgartner
Frau Alker, wenn Sie an die Zukunft denken, was wünschen Sie sich dann?

Ulrike Alker
Ich wünsche mir ausreichend Ressourcen, damit wir alle unsere Ideen auch in die Tat umsetzen können. Ich denke, es braucht Menschen, also Personal, Zeit und Geld, um wirklich etwas zu verändern. Und ich denke, wir haben ein Glück in unserer Fachhochschule, dass wir eine Abteilung haben, die sehr wohl mit Ressourcen ausgestattet ist. Aber wir merken immer, dass je größer die FH wird und je mehr Studierende wir haben, wir natürlich auch an unsere Grenzen stoßen. Und ich wünsche mir, dass meine Abteilung, das heißt mein Team und ich, gut mit Ressourcen ausgestattet werden und bleiben, damit wir alles, was wir für wichtig halten und was wir auch durch die Rückmeldung von unseren Kolleginnen und Kollegen und unseren Studierenden rückgemeldet bekommen, umsetzen können. Das wünsche ich mir. Ich wünsche mir, dass die Abteilung Gender & Diversity Management eine tragende Säule der FH Campus Wien bleibt.