Sie sollen aus umweltfreundlichem Material sein, rezyklierbar, leicht und das Produkt schützen. Die Liste an Anforderungen, die eine Verpackung zu erfüllen hat, ist lang. Für diese Herausforderung entwickelt das Kompetenzzentrum Sustainable and Future Oriented Packaging Solutions innovative Verpackungen, die nachhaltige, zukunftsorientierte Aspekte berücksichtigen und Sicherheit gewährleisten. Victoria Krauter, Leiterin des Kompetenzzentrums an der FH Campus Wien, über das breite Forschungsfeld an der Schnittstelle von Technik und Applied Life Sciences.
Datum: 21.1.2022
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Gut verpackt – was nachhaltige Verpackungen ausmacht
Lisa Baumgartner Fein, dass Sie bei neunmalklug reinhören. Lisa Baumgartner - ich würde Sie gern einladen, gehen wir dieses Mal gemeinsam einkaufen im Supermarkt. Nehmen wir uns halt mit, was man so für eine Jause braucht. Brot, Paprika, Butter, Käse und Mineralwasser. Zu Hause dann beim Auspacken haben wir Plastikverpackung vom Brot, eine Folie oder Netz von Paprika? Oder haben wir den offen mitgenommen? Haben wir Butter in Papier oder in der Kunststoffdose ins Einkaufswagerl gelegt und das Mineralwasser? Glas oder PET-Flasche? Verpackung: Es gibt viel Materialien und subjektiv gesehen immer sehr, sehr viel davon. Geht das nicht nachhaltiger? Also, diese Frage leite ich sehr gerne gleich weiter an meine Interviewpartnerin Victoria Krauter. Sie sind als Stadt Wien Stiftungsprofessorin Leiterin des Kompetenzzentrums für Sustainable and Future Oriented Packaging Solutions und Sie lehren im Bachelorstudiengang Nachhaltiges Ressourcenmanagement und im Masterstudium Packaging Technology and Sustainability. Also, Frau Krauter, aus Konsument*innen-Sicht, egal, ob jetzt Verpackung von Lebensmittel oder von anderen Produkten, da ist doch noch Luft nach oben, sprich Potenzial für Verbesserung, oder?
Victoria Krauter Ja, danke für die Einladung, erstmals. Ja, bei Verpackungen kann man noch einiges machen. Man muss aber auch dazu sagen, dass wir da schon durchaus auf einem sehr guten Weg sind. Sie haben verschiedenste Materialien schon angesprochen: den Kunststoff, Glas, Metall, aber auch Papier und Karton. Und, um die tatsächlich in einen Kreislauf zu bringen, müssen wir ganz am Anfang beim Produktdesign schon anfangen und so ein bisschen den Materialmix vielleicht reduzieren. Materialien verwenden, die am Ende dann auch tatsächlich in einen Kreislauf können, wo es hier gute Verwertungsströme gibt, die wir auch sammeln können, um dann eben schlussendlich wieder ein Sekundär-, also Recycling-Material zu haben, das hoffentlich eine so gute Qualität hat, dass es tatsächlich wieder auf selber Ebene, sprich bei den Lebensmitteln, eingesetzt werden kann. Falls das nicht der Fall ist, können wir natürlich auch einen Schritt runtergehen und dann vielleicht Verpackungen für, sagen wir Putzmittel oder auch andere Gegenstände daraus formen, sei es ein Sessel oder eine Bank usw.
Lisa Baumgartner Sie selber forschen hier am Institut an verschiedenen Verpackungen. Was macht denn die Forschung in diesem Bereich für Sie persönlich so interessant?
Victoria Krauter Verpackung hatte ich ursprünglich gar nicht am Radar. Also, ich habe Lebensmittel- und Biotechnologie studiert, komme also tatsächlich vom Fullgut, vom Lebensmittel und weiß hier recht viel, was denn unsere Produkte, unsere Lebensmittel so brauchen. Sind die vielleicht sauerstoffempfindlich? Sind die lichtempfindlich? Sind die druckempfindlich, stoßempfindlich? Da gibt es ganz, ganz viele Anforderungen, die die unterschiedlichsten Lebensmittel mit sich bringen. Und um diese Lebensmittel muss man dann sozusagen ein System herum bauen, das diese möglichst lange frisch hält und tatsächlich bis zum Konsumenten, bis zur Konsumentin bringt. Denn wir haben heute ein riesengroßes Problem und das heißt Lebensmitteverluste und auch Lebensmittelabfall und das sind weltweit ein Drittel der Produkte, die wir herstellen, die nicht konsumiert werden. Und das hat natürlich nicht nur den traurigen Aspekt, dass wir die wegwerfen, sondern es hat auch einen sehr, sehr großen Fußabdruck. Also wir sind hier, nach den großen Industrienationen sind wir mit Lebensmittelverlusten und -abfällen wirklich an einer sehr, sehr prominenten Stelle. Und das gilt es zu verringern. Und da kann die Verpackung eine Rolle spielen.
Lisa Baumgartner Sie leiten an der FH Campus Wien das Kompetenzzentrum für nachhaltige und zukunftsorientierte Verpackung. Welche Schwerpunktthematik beforschen Sie mit Ihrem Forschungsteam?
Victoria Krauter Wir haben da verschiedenste Schwerpunkte. Der eine Schwerpunkt wäre in Richtung Nachhaltigkeit, das auch zu berechnen, Lebenszyklus-Analyse hier das Stichwort. Und auf der anderen Seite sehen wir uns auch Sicherheit von Verpackungen an. Was denn hier vielleicht aus Verpackungsmaterialien herauskommen kann. Ob das vielleicht irgendwo gesundheitsbeeinträchtigend ist oder auch nicht. Und dann eben - wir haben schon über Rezyklate gesprochen - ob diese Materialien sich durch ihren Status dafür qualifizieren, tatsächlich wieder mit dem Lebensmittel in Kontakt zu kommen. Denn, das ist zwar gut gedacht zu rezyklieren, das muss aber natürlich auch für die Konsumentin, für den Konsumenten sicher sein.
Lisa Baumgartner Sie haben schon ein bisschen angesprochen. Ich als Konsumentin stelle mir natürlich immer die Frage: Warum wird nicht alles auf Glas umgestellt statt zum Beispiel Dosen? Oder: Warum brauchen wir so viel Kunststoff, tut es Karton nicht auch? Aber so einfach ist es ja nicht.
Victoria Krauter Ja, leider. Da gibt es einige Faktoren, die zu berücksichtigen sind. Wenn wir jetzt in der Glasdiskussion sind zum Beispiel, dann ist es so, dass sehr viel Glas heute Einweg ist. Und Glas in der Herstellung braucht sehr viel Energie und hat dadurch auch sehr viel Emissionen. Im Vergleich zu einem sehr leichten Material, wie es zum Beispiel der Kunststoff ist, steigen wir hier in der CO2-Bilanz schlechter aus. Die Materialien per se haben alle ihre Vor- und Nachteile. Wir wollen doch gar nicht bevorzugen, welches Material jetzt gut oder böse ist, sondern für den jeweiligen Fall aussuchen. Und nur dann, in Kombination von Lebensmittelverpackung und dieser gesamten Wertschöpfungskette können wir dann Aussagen treffen, ob das tatsächlich nachhaltig ist oder nicht. Eine Diskussion, zum Beispiel, ist auch: verschiedene Verpackungsgrößen. Sie kennen vielleicht diesen Zusammenhang - je kleiner etwas wird, umso größer wird die Oberfläche. Also haben kleinere Verpackungseinheiten oftmals auch einen größeren Fußabdruck, weil wir mehr Verpackung benutzen.
Lisa Baumgartner Also, hin zur Familienverpackung?
Victoria Krauter Ja, hin zu Familienverpackung wäre jetzt ein erster Schluss. Aber, es ist ja alles immer nicht so einfach, muss man auch daran denken, dass wir uns gesellschaftlich verändern. Dass wir sehr, sehr viele Single-Haushalte haben, auch Personen haben, die vielleicht nicht so viel auf einmal essen möchten. Wenn wir jetzt große Verpackungen haben, dann kann es dazu kommen, dass wir die vielleicht kaufen, weil wir große Augen haben im Supermarkt, das ist aber dann nicht essen und wieder wegwerfen. Und da sind wir wieder in der Thematik Lebensmittelverlust und -abfall drinnen, die ebenso einen großen Fußabdruck haben. Also ein schlaues Design, ein zielgruppengerechtes Design kann hier auch diesen Fußabdruck senken.
Lisa Baumgartner Bei der Verbesserung der Nachhaltigkeit gibt es ja auch internationale Vorgaben von der EU. In der Forschung ziehen wahrscheinlich auch alle am gleichen Strang und Sie leiten da ein ganz prominentes internationales Projekt mit mehr als 220 Expert*innen aus 37 Ländern. Erzählen Sie uns darüber ein bisschen?
Victoria Krauter Das Thema Nachhaltiges Gestalten von Verpackungen ist international, europäisch, aber auch weltweit ein Riesenthema. Wir sind hier Teil in einem großen EU-Projekt, ein Cost-Projekt, das ist ein Netzwerk-Projekt, wo es eben genau darum geht. Das Projekt heißt Circul-A-Bility. Und in diesem Projekt gibt es mehrere Arbeitsgruppen, also da ist Fleisch mit dabei, zum Beispiel, aber auch Milch, Obst, Gemüse und Cerealien und Süßigkeiten. Und diese Cerealien und Süßigkeiten-Gruppe, die leite ich, wo wir gemeinsam mit anderen Instituten, mit Forscher*innen aus den verschiedensten Ländern Publikationen gemeinsam anstreben. Wir wollen im ersten jetzt mal darstellen, wie sieht denn der Markt aktuell aus? Wie sind unsere Verpackungen, unsere Produkte gestaltet? Was wird über Nachhaltigkeit von der Verpackung tatsächlich auch kommuniziert? Was kann der Konsument, die Konsumentin da tatsächlich wahrnehmen? Um dann im Nachhinein die verschiedensten Technologien, Materialien, die jetzt am Markt sind oder gerade so ein bisschen aufstreben, dann noch abzuwägen, wo die eingesetzt werden könnten.
Lisa Baumgartner Können bei so einem Projekt auch Studierende einen Beitrag leisten, wenn sie gerade die Analyse, was finde ich jetzt im Supermarkt, erwähnt haben?
Victoria Krauter Tatsächlich, wir haben hier verschiedene Studierende auch mit involviert. Das reicht von der Bachelorarbeit hin, bis auch bei einer Mitarbeiterin, zum Beispiel bis zur Dissertation, wo wir dann auch wirklich wissenschaftliche Publikationen verfassen. Und mit den Studierenden, das war super, das waren wir letzten Sommer in verschiedenen Supermärkten. Durften hier verschiedenste Bioprodukte uns ansehen, viele Fotos machen und dann das auch auswerten. Also, was steht denn drauf in Bezug zum Beispiel auf Recyclingfähigkeit, auf den Einsatz von Rezyklaten? Informationen, in welche Tonne soll das denn? Aber auch andere Informationen wie Haptik: Ist das ihr glattes Material, glänzend oder eher rau? Vermittelt das irgendwie vielleicht den Eindruck Karton oder Papier zu sein? Und welche Farbe hat es? Also, ganz, ganz unterschiedliche Sachen. Und das sind wir jetzt gerade am Auswerten. Und die Studierenden werden dann das bei ihren Bachelorarbeiten auch präsentieren können.
Lisa Baumgartner Das ist ein guter Hinweis, jetzt auch für mich. Ich tu mir als Konsument manchmal auch schwer, in welche Tonne gehört was hinein, weil, wie Sie gesagt haben, oftmals fällt es mir schwer, überhaupt zu definieren. Ist das jetzt ein Karton und gehört jetzt in den Papiercontainer oder ist das jetzt doch kein Karton. Ist das irgendwie beschichtet und damit nicht für das Altpapier geeignet?
Victoria Krauter Ja, genau darum geht es. Da ist leider auch die Herausforderung, dass wir derzeit noch ein sehr unterschiedliches Sammelsystem in den verschiedenen Bundesländern oder Bezirken haben. Da gehört definitiv mehr kommuniziert, aber auch ehrlich kommuniziert. Wir wollen nicht mit der Forschung dazu beitragen, dass dann vielleicht Greenwashing betrieben wird, sprich etwas draufgeschrieben oder suggeriert wird, was tatsächlich nicht wahr ist. Denn man soll nicht täuschen und hier tatsächlich ehrliche Information darüber geben. Warum ist es Verpackungssystem so gewählt wie es ist? Was hat das für Vorteile? Was hat das vielleicht für Nachteile? Wo möchten sich die Firmen vielleicht auch noch verbessern? Denn wir wissen, dass die ganz, ganz viel in der Forschung machen aber eben oftmals die Kommunikation auf der Verpackung oder aber auch auf der Homepage nicht ganz dem entspricht, wie motiviert sie eigentlich sind.
Lisa Baumgartner Sie arbeiten da sicherlich auch eng mit produzierenden Unternehmen aus dem Lebensmittelbereich und aus der Verpackungsindustrie zusammen. Auch österreichische Unternehmen profitieren von Ihrer Expertise und Forschung, Stichwort Card Box. Damit spreche ich jetzt ein Forschungsprojekt an, in dem suchen Sie den richtigen, ressourcenschonenden Materialmix für Lebensmittelverpackungen.
Victoria Krauter Hier geht es darum, faserbasierte Materialien, also Papier, Karton dahingehend auszustatten, dass sie eine, vielleicht bessere Barriere haben. Vielleicht tauchen wir hier da ganz kurz ein. Wie eingangs schon erwähnt, verschiedene Lebensmittel haben verschiedene Anforderungen. Oftmals ist es so, dass hier eine Barriere gegen Feuchtigkeit oder auch Sauerstoff benötigt wird.
Lisa Baumgartner Damit die Lebensmittel länger halten?
Victoria Krauter Damit die Lebensmittel länger halten. Materialien wie Metall oder Glas, die sind ja undurchlässig für Feuchtigkeit, Wasser oder andere Flüssigkeiten, aber auch Sauerstoff oder Gase. Bei Kunststoffen ist es schon ein bisschen schlechter ausgeprägt. Es gibt sehr gute Barrieren, aber nach und nach verliert man dann vielleicht doch das eine oder andere aus der Gasatmosphäre, zum Beispiel. Bei faserbasierten Materialien, wie eben das Papier oder Karton, ist es so, dass die eigentlich wenig Barriere bieten. Denken Sie nur daran: Kann man in ein Papiersackerl Wasser einfüllen?
Lisa Baumgartner Nein, auch Joghurt wäre ganz schrecklich.
Victoria Krauter Ja, auch Joghurt wäre schwer. Fetthaltige Lebensmittel wären ganz schwer hier einzufüllen. Da würde man sofort entweder das Wasser, die Feuchtigkeit durchtreten haben oder vielleicht kommt es drinnen dann beim Produkt zur Oxidation, dass das vielleicht dann ranzig schmeckt. Oder das Fett, man hat einen Fettrand zum Beispiel. Und hier geht es darum, diese Materialien mit einer entsprechenden Barriere auszustatten, aber jetzt nicht auf herkömmliche Kunststoffe, wie zum Beispiel Polyethylen, zurückzugreifen. Und das soll eben gemacht werden, indem ganz spezielle Druckfarben hier verwendet werden, die eine schöne Oberfläche mit Barriere-Eigenschaft bilden. Und daran wird gerade getüftelt. Also, wie kann man das herstellen? Wo kann man es einsetzen? Wie lang halten sich dann vielleicht Kräuter, aber auch andere Lebensmittel, die verpackt werden in diesen neuen Materialien?
Lisa Baumgartner Wie lange wird es dann ungefähr noch dauern, bis die Forschung abgeschlossen ist, bis wir alle etwas davon haben?
Victoria Krauter Die Forschung selbst läuft drei Jahre, also wir haben noch ungefähr zwei Jahre vor uns, aber es sind schon verschiedenste Produkte, auch mit dem Firmenpartner, der mit an Bord ist, auch schon in Richtung Markt unterwegs.
Lisa Baumgartner Sie haben schon betont: Natürlich gibt es bei der Verpackung auch den Sicherheitsaspekt. Der steht ganz weit oben an der Anforderungsliste. Und an dieser Schnittstelle treffen sich mehrere Disziplinen. Also, wenn ich jetzt zum Beispiel an ein von der Österreichischen Forschungsförderungsgesellschaft gefördertes Projekt denke, Migratox. Da kooperieren Sie ja sehr eng hausintern mit dem Studiengang Molekulare Biotechnologie und natürlich auch mit externen Partner*innen, großen Playern aus Verpackung und Lebensmittelbranche. Wenn ich das richtig verstanden habe, dann ist das Ziel, Sicherheit von Verpackungsmaterialien nachhaltig zu gewährleisten und damit auch das Vertrauen der Konsument*innen in die Industrie zu stärken. Was untersuchen Sie da genau bei Migratox?
Victoria Krauter Ja, also prinzipiell muss man sagen, die Verpackungsmaterialien, die bei uns am Markt sind, sind alle entsprechend getestet. Also, es gibt hier zum einen Spezifikationen, aber auch Konformitätserklärungen, wo nach EU-Vorgaben auch geprüft werden muss, ob dieses Lebensmittelmaterial mit dem jeweiligen Produkt für die angedachte Verwendung, also zum Beispiel in der Kühlanwendung oder für etwas, wo man vielleicht etwas heiß macht in der Verpackung, denken Sie nur an Verpackungen, die vielleicht in die Mikrowelle können, wo heißes Wasser hineinkommt oder die in den Ofen gehen, ob diese Verpackungen für die jeweiligen Anwendungsfelder tatsächlich geeignet sind und was hier dann vielleicht herausmigrieren kann. Also, welche Stoffe können von, sagen wir zum Beispiel Kunststoff, aber auch von anderen Materialien auf das Lebensmittel übergehen? Da wird herausgefunden, gerade im sehr, sehr geringen Bereich, was denn hier migriert. Und vor allem sehen wir uns an, nicht die Substanzen, die absichtlich zugesetzt worden sind - also, wenn man dann ein Material macht, dann hat man natürlich einen Mix an verschiedenen Substanzen, die da hineinkommen - sondern wir sehen uns an, auch die nicht absichtlich dazu gesetzten Substanzen, die non-intentionelly added substances. Das sind Substanzen, die zum Beispiel durch den Zerfall von anderen Molekülen, durch Behandlungen, durch Hitze und so weiter, durch die Verarbeitung, vielleicht auch irgendeinen Druckprozess oder einen Abklatschprozess, wo sie mit anderen Materialien in Berührung kommen, da sein können. Und das wird im Labor überprüft. Da haben wir verschiedenste Essays. Wir arbeiten hier mit Mikroorganismen und können da nachweisen, ob es dann zu einer Mutation von diesen Mikroorganismen kommt und daraus rückschließen, ob dieses Material eben solche Mutationen befeuert oder eben auch nicht.
Lisa Baumgartner Auch rechtliche Vorgaben treiben natürlich die Entwicklung weiter. Lassen Sie uns vielleicht kurz über das Verpackungsmaterial Kunststoffe sprechen. Ich glaube, wir alle haben das Bild vom Strand, wo Kunststoff-Flaschen zum Beispiel und andere Materialien liegen, vor Augen. Kunststoffe müssen ab 20 30 recycelbar oder wieder verwertbar sein. Frage: Schaffen wir das?
Victoria Krauter Ich denke, wir sind auf einem guten Weg. Wir werden uns aber tatsächlich anstrengen müssen, das auch zu erreichen. Da geht es um, zum Beispiel, Pfand, Wiederverwendung, Sachen, die oftmals sehr viel weiter oben stehen, als sie gleich beim Recycling sind. Denn Recycling, Sie kennen vielleicht diese drei Rs: Reduce, Reuse, Recycling. Recycling wird da an dritter Stelle recht weit unten genannt. Und das ist auch ähnlich bei der Abfall-Hierarchie. Es wäre sehr, sehr wichtig, dass wir in erster Stufe mal versuchen zu vermeiden, vielleicht irgendwas gar nicht zu brauchen. Sachen wiederzuverwenden, da sind jetzt vielleicht auch gar nicht bei den Verpackungen, sondern auch in anderen Bereichen repariert, wiederverwendet, anders eingesetzt und so weiter. Und die Materialien dann am Ende eben erst durch das Recyclieren, diesem Kreislauf schließen, wieder zurückgibt. Da ist es natürlich wichtig, die Verpackungen anders zu gestalten, so dass sie recyclingfreundlich sind. Weniger Materialmix: Verpackungen, die besonders hell zum Beispiel sind, transparente, weiße Verpackungen, lassen sich leichter recyceln als zum Beispiel eine schwarze Verpackung, wo sich die Maschine, die Sortier-Maschine tatsächlich ein bisschen schwer tut, das Material dann auch zu erkennen.
Lisa Baumgartner Also nicht nur wir Menschen haben damit Probleme, sondern auch die Maschine.
Victoria Krauter Genau. Und, dann gibts Kleinteile bei Verpackungen, die nicht dabei sein sollten. Also denken Sie an die Spensersysteme - jetzt sind wir zwar nicht beim Lebensmittel - also z.B. Hand-Waschseife, wo ich drauf drücken kann mir eine Portion Seife herauszurücken. Diese Metallfedern, die dann mit drin. Das zu vermeiden, weil die natürlich dem Kunststoff im Kunststoff-Recycling auch wieder nicht guttun. So was wegzulassen. Oder Etiketten so zu gestalten, dass sie entweder gut abtrennbar sind oder aber auch ins Recycling mitkönnen. Die Klebstoffe, die da mit dabei sind, das ist ein großes Thema. Vielleicht noch, wenn wir über den Strand reden. Es wurde eine Studie von der EU durchgeführt, was denn so die am häufigsten gefundenen Teilchen am Strand sind. Und darauf aufbauend sind verschiedene Maßnahmen getroffen worden und Sie werden dann in Zukunft sehen, dass Flaschen, also Softdrink Flaschen, keine abnehmbaren Verschlüsse mehr haben. Die müssen an der Flasche dranbleiben, damit sie eben nicht abgeschraubt, verloren, weggeworfen, wie auch immer werden, sondern mit der Flasche gemeinsam als Wertstoff wieder ins Recycling kommen.
Lisa Baumgartner Dann sind wir gespannt, wann das kommen wird.
Victoria Krauter Ja, das wird in den nächsten Jahren realisiert, da sind die Unternehmen gerade ganz kreativ am Suchen, wie denn diese Verschlüsse am besten an der Flasche halten können.
Lisa Baumgartner An dem Ziel, Kunststoffe recycelbar und wiederverwertbar zu machen, ist da auch das Forschungsprojekt Polycycle in irgendeiner Form, an dem Ziel beteiligt?
Victoria Krauter Bei Polycycle ist das Ziel, Kunststoffe, die jetzt nicht PET sind, weil PET kennen wir. Es ist sehr, sehr gut recycelbar und auch in verschiedensten Getränke Flaschen schon zu 100 Prozent Recycling-PET vertreten, sondern auch in Richtung anderer sehr großer Massenkunststoffe zu schauen, sei das jetzt Polyethylen, sei das Polypropylen, die derzeit noch nicht so für den Lebensmittelkontakt wieder einsetzbar sind. Da muss natürlich auch von der EU Seite eine Freigabe da sein. Und da haben wir noch so die eine oder andere Herausforderung bei der Qualität des Materials.
Lisa Baumgartner Das erforschen Sie in Polycyle?
Victoria Krauter Genau. In dem Projekt sieht man sich an, wie diese Kunststoffe, welche Qualitäten sie haben und ob es wirklich sich qualifiziert für einen Lebensmittelkontakt oder vielleicht für ein, sagen wir, Downcycling, eben, dass es eine Putzmittel Flasche oder dergleichen wird. Lisa Baumgartner
Sie haben ein paar Trends angesprochen, also Kunststofffaschen, wo der Verschluss direkt integriert ist und nicht mehr extra. Gibt es noch andere Trends, die jetzt schon absehbar sind?
Victoria Krauter Sehr viele Trends gehen in Richtung Lebensmittel-länger haltbar machen, die Verpackungsmaterialien so zu optimieren, dass das eben möglich ist. Es sind auch Trends natürlich damit verknüpft, die nicht direkt Verpackung sind, aber dynamische Shelf-Lives, also Mindesthaltbarkeitsdaten zu machen. Wie lang ist das Produkt tatsächlich haltbar? Ist es am Ende des aufgedruckten MHDs noch gut oder nicht? Da gibt es viele Sachen in diesem Effektiv sein, dass die Verpackung einfach das leisten kann, was wir von ihr mögen. Aber auch viele Trends hin zu weniger Verpackungsmaterial natürlich. Es gibt natürlich Substitutionen, wo ein Tausch von verschiedenen Materialien angestrebt wird. Aber auch einfach das leichter machen. Erinnern Sie sich zurück: Wie schwer waren Kunststoffflaschen denn eigentlich mal? Oder wie groß waren diese Verschlüsse und wie klein sind sie oder wie leicht sind sie heute schon? Also jedes Gramm, das wir hier einsparen ist natürlich ein Vorteil. Auch kostenseitig - Nachhaltigkeit hat ja nicht immer nur die Dimension der ökologischen Nachhaltigkeit, sondern auch ökonomisch und sozial können wir etwas bewirken. Dann haben wir dieses ganze Thema kreislauffähig. Wir haben heute viel über Recycling gesprochen, aber es ist natürlich viel auch biobasiert, bioabbaubar. Wo geht es dahin, neue Materialien aus neuen Quellen zu finden, da es ganz, ganz viel Forschung dahinter. Sicherheit haben wir auch schon gehabt. Ist es für Mensch und Umwelt gut verträglich und dann eben mit so Hilfswerkzeugen wie einer Lebenszyklusanalyse auch Hotspots zu erkennen. Manchmal liegen sie doch nicht dort, wo man sie vermutet. Und da muss man tatsächlich nachrechnen, schauen, wo dann die großen Stellschrauben sind. Sonst verbeißt man sich, unter Anführungsstrichen, vielleicht mal an der einen oder anderen Sache, die dann aber eigentlich ganz objektiv gesehen vielleicht nur ein kleiner Schritt ist. Auch wichtig ist, aber was anderes vielleicht ganz, ganz prominenter bearbeitet gehört.
Lisa Baumgartner Also es geht darum zu zeigen, wo die Potenziale tatsächlich stecken.
Victoria Krauter Genau.
Lisa Baumgartner Ihr Tipp für mich als Konsumentin: Was kann ich zur Nachhaltigkeit in Bezug auf Verpackung beitragen?
Victoria Krauter Ja, ich glaube, die Verpackung, die hängt wie gesagt in diesem Netzwerk auch mit Lebensmittel und allem mit drin. Es ist oftmals nicht nur die Verpackung, sondern auch die ganze Kaufentscheidung. Also, regional, saisonal macht natürlich absolut Sinn. Aber dann auch zu Mehrwegverpackungen zu greifen, hier vielleicht auch mal unverpackt zu kaufen, wenn man das schafft, wenn das gut möglich ist. Auch mal wirklich zu lesen, zu schauen, was ist denn auf den Verpackungen drauf, auch vielleicht mal so ein bisschen das anzustoßen. Also, es gibt immer wieder die Diskussion, ob die Konsument*innen etwas bewegen können. Manche sagen ja, manche sagen nein. Ich denke, wenn wir alle versuchen, hier ein bisschen mehr zu machen, dass es eine neue soziale Norm wird, aufmerksam zu sein für Verpackungen, Lebensmittel, Nachhaltigkeit.
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