Im Schreibfluss – wissenschaftliches Verfassen leicht gemacht

Wie wissenschaftliches Schreiben leicht und effizient gelingt.

Die Deadline rückt näher und damit wächst auch der Druck, eine wissenschaftliche Arbeit zum Abschluss zu bringen. Damit Studierende und Lehrende von Anfang an locker ans Schreiben gehen, hat das Zentrum für Wissenschaftliches Schreiben an der FH Campus Wien ein umfassendes Angebot. Katharina Rösler, Leiterin des ZEWISS, über Schreibdidaktik, Wegweiser zur Abschlussarbeit und erfolgreiches Publizieren.

Im Schreibfluss – wissenschaftliches Verfassen leicht gemacht

Lisa Baumgartner
Ein herzliches Hallo von mir, Lisa Baumgartner. Wir sprechen in dieser Folge von neunmalklug übers Schreiben. Ein weißes Blatt Papier am Bildschirm vor mir. Das ist der Anfang vielleicht von einem Artikel, einem wissenschaftlichen Text oder eben einer Bachelor- oder Masterarbeit. Das Ziel beim Publizieren, das ist klar. Mit meinem Text möchte ich etwas vermitteln. Aber wie mache ich das? Was schreiben? Der Inhalt fällt manchmal schwer. Aufbau und roter Faden, das Forschungsdesign gehören durchdacht. Oder noch Grundsätzlicheres: Wie drücke ich mich verständlich aus? Wissenschaftliches Schreiben, wer dabei Unterstützung braucht, egal, ob studierend oder lehrend und forschend, der bekommt Hilfe an der FH Campus Wien im Zentrum für wissenschaftliches Schreiben, kurz ZEWISS genannt. Tipps, wie es ganz ohne Schreibblockade und andere Störfaktoren flüssig klappt mit dem wissenschaftlichen Schreiben, gibt uns die Leiterin des ZEWISS, Katharina Rösler. Herzlich willkommen! Das ist gibt es ja seit 2014 an der FH Campus Wien und richtet sich mit umfangreichem Angebot an Studierende wie eben auch an Lehrende und Forschende. Also, Angebote an beide Zielgruppen. Das ist für ein Schreibzentrum außergewöhnlich. Warum diese Besonderheit, dieser innovative Ansatz?

Katharina Rösler
Ja, auch von mir ein liebes Hallo. Schön, dass wir uns heute unterhalten. Ein Schreibzentrum an einer Hochschule, das sollte einfach für alle Schreibenden offenstehen. Deshalb auch die Fokussierung auf beide Zielgruppen. Aber zu der Zeit, als das ZEWISS gegründet wurde, da war es tatsächlich in Österreich ein innovativer Ansatz. Mittlerweile gibt es das auch in anderen Schreibzentren. Wir, also das sind die Florentina Astleithner, der Rene Fischbach und ich, wir wollen eben sowohl Studierende beim Schreiben im Studium unterstützen, als auch Lehrende als Vermittler*innen von Schreibkompetenzen.

Lisa Baumgartner
Sie sind nicht nur die Leiterin des ZEWISS und haben es mit aufgebaut, Sie sind Germanistin und Historikerin und lehren im Bachelorstudiengang Sozialmanagement in der Elementarpädagogik. Sie kennen also beide Seiten. Schreiben ist ja, denke ich, etwas sehr Persönliches., da geht jeder ein bisschen anders dran. Wie Ihr Zugang ist, das finden wir jetzt mit einem persönlichen Fragebogen heraus.

DROP: Schnell gefragt der Wordrap.
Lisa Baumgartner
Der Anblick eines weißen Blatt Papiers löst bei mir aus?

Katharina Rösler
Bei mir immer schon Freude, dass ich es mit Worten füllen kann.

Lisa Baumgartner
Mein peinlichster Rechtschreibfehler?

Katharina Rösler
Das sind alle, auf die mich meine Kolleginnen hinweisen.

Lisa Baumgartner
Eine hilfreiche Eselsbrücke, die vor einem Rechtschreibfehler bewahrt?

Katharina Rösler
 Dass man seine Texte immer dreimal überarbeitet. Nicht alles auf einmal, sondern zuerst Inhalt, dann Struktur, dann die Rechtschreibung.

Lisa Baumgartner
Lieber selber schreiben oder lieber lesen?

Katharina Rösler
Beides gerne nebeneinander und verschränkt.

Lisa Baumgartner
Wenn Sie an den ersten selbst verfassten wissenschaftlichen Text denken, fällt Ihnen dazu was ein?

Katharina Rösler
Ein hartes Stück Arbeit. Und ich habe kein besonders gutes, aber absolut berechtigtes Feedback bekommen. Daraus muss man lernen.

Lisa Baumgartner
Schreiben Sie lieber mit Kugelschreiber und Füllfeder oder mit der Computertastatur?

Katharina Rösler
Bei kreativen Schreibübungen zum Ideen sammeln, lieber mit der Hand schreiben. Ansonsten gerne auch mit dem Computer.

Lisa Baumgartner
Als Historikerin: Welches Schriftstück hat für Sie besonderen Wert?

Katharina Rösler
 Also, ganz toll finde ich diese Digitalisierung Projekte der Nationalbibliothek, die heißen Anno und Alex, denn da gibt es freien Zugriff online auf tausende historische Gesetzestexte und Artikel aus Zeitungen. Ist eine tolle Fundgrube.

Lisa Baumgartner
Danke für den Tipp. Und Ihr Lieblingsbuch ist?

Katharina Rösler
Das ändert sich sehr häufig. Derzeit ist es die Biografie von der österreichischen Schriftstellerin Vicki Baum, "Es war alles ganz anders" heißt die.

Lisa Baumgartner
Die erste Hürde, also sich hinzusetzen und es zu tun, das Schreiben und nicht noch vorher 27 andere, angeblich wichtige Sachen zu machen. Also zum Beispiel: Badezimmer putzen. Also hinsetzen und anfangen, das fällt ja oft schwer. Wie überwinde ich diese allererste Hürde?

Katharina Rösler
Ja, man sagt immer, je länger man schreibt, desto besser lernt man sich auch kennen. Das heißt, wir empfehlen da konkret, nicht nur immer die Schreibprodukte zu reflektieren, sondern eben auch den Schreibprozess zu beobachten und zu schauen, was tut einem gut n diesem Prozess. Zum Beispiel, dass man sich eine Schreibumgebung schafft, die einem guttut, dass man verschiedene Schreiborte ausprobiert, verschiedene Schreibzeiten. Und ebenso kreative Schreibübungen versucht auszuprobieren, zum Beispiel Free Writing, Focus Sprint, Cluster um den Kopf quasi frei zu schreiben, bevor man sich an den eigentlichen Einstiegstext setzt.

Lisa Baumgartner
Schreiben ist ja an sich ein sehr befruchtender Prozess. Inwieweit hilft es mir, wenn ich schreibe?

Katharina Rösler
Ja, Schreiben könnte man sagen, ist wirklich eine Schlüsselkompetenzen im Leben. Es ist Teil dieses Life-Long-Learning-Aspektes, finde ich. Es begleitet jeden von uns Jahre, von der Schule übers Studium bis in den Beruf hinein und es ist definitiv erlernbar. Es hat nicht unbedingt etwas mit Talent zu tun.

Lisa Baumgartner
Das ist gut zu wissen.

Katharina Rösler
Ja, es muss einfach aber auch Platz und Zeit sein für Schreibentwicklungen in verschiedenen Stufen. Und dazu kommt, das zum Beispiel Denken und Sprechen sehr assoziative Prozesse sind, sobald ich aber etwas schreiben muss aufs Papier, bin ich bereits genötigt, dass ich das irgendwie ordne davor. So kann man sagen Schreiben ist Denk- und Lerninstrument und Reflexionsinstrument.

Lisa Baumgartner
Studierende finden ja ein umfassendes Angebot wie Schreib- und Sprach-Workshops. Wie unterscheiden sich diese beiden Workshop-Reihen voneinander?

Katharina Rösler
Also, wenn man mal die Gemeinsamkeiten anschaut, die sind auf jeden Fall, dass sie jedes Semester wieder stattfinden, dass sie kostenlos stattfinden und online und dass man sich übers Studieren-Portal anmelden kann. Sie unterscheiden sich insofern, als dass die Schreib-Workshops wirklich den Fokus auf diesen gesamten wissenschaftlichen Schreibprozess legen. Entlang dieses Schreibprozesses von Ideen sammeln, übers Lesen, Argumentieren und den Text überarbeiten. Neu wären wir dann im Sommersemester auch haben eine Text-Werkstatt für Masterstudierende, die sich auch daran orientiert. Und es gibt auch ein Sommer-Format, das sich ebenso daran orientiert, sowie die Lehrenden-Angebote, die auch in dieses prozessorientierte Schreiben und Schreib-Didaktik gehören.

Lisa Baumgartner
Und worauf fokussieren jetzt die Sprach-Workshops?

Katharina Rösler
Die widmen sich wirklich dem Thema Wissenschaftssprache Deutsch. Wissenschaftlich formulieren und der richtigen Nutzung von Grammatik, von Formulierungen. Das heißt, wie ich durch Sprache auch gezielt meine Argumentation im wissenschaftlichen Text unterstützen kann, denn auch diese Textebene muss stimmen, um die Inhalte zur Geltung zu bringen.

Lisa Baumgartner
Ein Format, das sehr beliebt ist, weil es ja sicherlich eine Anker-Funktion hat, heißt "Wegweiser zur Abschlussarbeit". Wie läuft es ab?

Katharina Rösler
Es ist tatsächlich sehr beliebt. Wir haben es schon oft durchgeführt. Wir haben es selbst entwickelt, hier an der FH. Das heißt, es ist auch sehr innovativ und wir haben es auch in anderen Hochschulen erfolgreich vorgestellt. Es funktioniert aber nur in Zusammenarbeit mit Studiengängen und Lehrenden. Die können sich auch jederzeit an uns wenden, wenn sie so etwas durchführen möchten. Und zwar geht es darum, anhand eines Beispiels einer bereits approbierten Abschlussarbeit des Studiengangs die Eigenarten dieser Textsorte kennenzulernen und zu begreifen und durch eine gezielte Textanalyse sich auch etwas für das eigene Schreiben mitnehmen zu können. Es vereint also, kann man sagen, allgemeine Aspekte des wissenschaftlichen Schreibens und fachspezifische.

Lisa Baumgartner
Das heißt, in diesem Workshop sitzen Studierende und Lehrende von einer Fachrichtung?

Katharina Rösler
Genau, richtig. Ansonsten ist bei uns alles gemischt.

Lisa Baumgartner
Hat dieses Gemischte auch einen Vorteil?

Katharina Rösler
Ja, die Dynamik ist einfacher eine andere.

Lisa Baumgartner
Es gibt auch individuelle Unterstützung in Schreibgruppe, und da geben Sie ein Peer-Feedback, habe ich gelesen. Was ist das?

Katharina Rösler
Peer-Feedback bedeutet im Grunde, dass sich die Teilnehmenden an seine Schreibgruppe gegenseitig Feedback auf ihre Texte oder Textentwürfe geben. Grundsätzlich ist dieses Format unsere Schreibberatung im Gruppen-Setting, würde ich sagen. Und das kann einmal stattfinden, es kann mehrmals stattfinden. Wenn sich Studierende entscheiden, dass sie sagen, sie möchten zum Beispiel im Vorfeld der Bachelorarbeit sich zusammentun und sich gegenseitig Feedback auf Textentwürfe geben, dann schreiben Sie eine Mail ans ZEWISS und dann organisieren wir das.

Lisa Baumgartner
Und das geht doch relativ schnell. also vom zeitlichen Horizont her?

Katharina Rösler
Ganz genau. Dabei ist also auch freie Themen- und Terminwahl, weil da kann man wirklich alles bearbeiten.

Lisa Baumgartner
Lehrende und Forschende verfassen ja selber, müssen aber natürlich auch Arbeiten beurteilen, ganz klar, Bachelor- und Masterarbeiten. Ein Thema bei Begleitung von wissenschaftlichen Arbeiten ist ja immer die Plagiatsfrage, haben wir oft genug jetzt schon in der Öffentlichkeit diskutiert. Es gibt zwar Plagiats- Software, aber reicht das aus?

Katharina Rösler
Ja, das Thema Plagiate, finde ich, ist ja nur die Spitze des Eisbergs. Es geht ja um die gesamte, gute wissenschaftliche Praxis in diesem wissenschaftlichen Arbeitsprozess. Und, wir haben zum Beispiel auch eine Fortbildung, wo sich Lehrende dahingehend Unterstützung holen können. Und diese Plagiats-Software, die es gibt, die hat eigentlich sehr indirekt nur mit dem Schreiben an sich zu tun. Es liefert ihm Betreuungsprozess eine Momentaufnahme, dass ich sage, es gibt ein Mindeststandard, der ist eingehalten damit. Aber im Grunde bräuchte es vor allem Präventionsmaßnahmen, wenn man an Plagiate denkt. Das heißt, ich denke, eine Antwort der Hochschulen kann schon darauf sein, dass man solche Einrichtungen wie Schreibzentren fördert und dass man parallel dazu die Curricula auch mehr mit Schreiben bereichert. Auch in der Fachlehre.

Lisa Baumgartner
Was wäre sinnvoll? Wie viel Schreiben sollte in Curricula drin sein?

Katharina Rösler
Ja, schreiben könnte man theoretisch wahrscheinlich in vielen Fächern. Aber wir haben ohnehin so eine diverse Hochschule, so viele Aspekte, ich bin mir sicher, Schreiben würde sich in jedem Curriculum gut unterbringen lassen.

Lisa Baumgartner
Wenn Studierende zu Ihnen kommen, dann gibt es sicherlich so eine Frage, die, sagen wir mal, in mehr als 50 Prozent der Fälle gestellt wird. Welche wäre das denn?

Katharina Rösler
Das, was Sie zuerst erwähnt haben, dass man nicht anfangen kann zu schreiben. Das ist eine häufige Frage. Da empfehlen wir eben immer so kreative Schreibübungen auszuprobieren und eben auf die Schreibumgebung auch sehr stark zu achten. Und die Frage der richtigen Literaturauswahl, das ist auch etwas. Wobei wir da schon empfehlen Rücksprache mit Betreuer*innen und den Studiengang zu halten.

Lisa Baumgartner
Wenn ich während des Schreibprozesses eine Schreibblockade überfällt - das haben wir sicherlich auch jede*r schon einmal erlebt. Wie komme ich da wieder schnell raus, weil oft drängt ja die Zeit?

Katharina Rösler
Es kommt drauf an, wie stark diese Blockade natürlich ist. Wenn ich sage, ich kann wirklich überhaupt keinen Satz mehr schreiben oder das Papier, das frisst mich halb auf, gibt es auch immer die Möglichkeit, sich natürlich professionelle Hilfe von außen zu holen. Wenn es nur etwas Kleineres ist, dann würde ich wirklich mal mit dem Free Writing beginnen und mal versuchen, mich frei zu schreiben, bevor ich mit dem eigentlichen Schreiben des Textes beginne.

Lisa Baumgartner
Sie selber sind ja auch Autorin und haben das Grundlagenwerk "Geschichte der Elementarpädagogik in Österreich" veröffentlicht und zwar gemeinsam mit der Elementarpädagogin Heidemarie Lex-Nalis. Was war denn für Sie das Schwierigste an diesem Buch?

Katharina Rösler
Es war insgesamt ein ganz tolles Projekt und es ist die erste Überblickspublikation zu diesem Thema und ich konnte da unglaublich viel lernen und mir mitnehmen. Leider ist meine Co-Autorin, die Heidemarie, eben während des Projektes verstorben und ich glaube das war die schwierigste Ebene für mich. Weil, ich konnte mich mit ihr dann nicht mehr austauschen. Und Feedback ist aber so wichtig in einem Schreibprozess. Aber, mit der Hilfe vieler, liebe Kolleg*innen, wurde das Buch dann trotzdem erfolgreich aus der Taufe gehoben.

Lisa Baumgartner
Die letzte Frage die ich habe, die ist nicht ganz uneigennützig. Immer häufiger dienen ja auch Podcasts als Quelle für eine wissenschaftliche Arbeit. Aber wie zitiere ich da richtig?

Katharina Rösler
Gut, zum Zitieren gibt es einerseits formale Regeln, die im Normalfall der Studiengang oder das Department vorgibt. Wesentlich ist aber vor allem die Ebene, dass man unterscheidet, welche Quelle ich wann und warum jetzt zitieren möchte. Also was will ich damit stützen? Was will ich damit unterstreichen? Wie nutze ich die Quelle? Nutze ich sie als Untersuchungsgegenstand? Nutze ich sie als Sekundärverweis? Ich meine, in allen Fällen würde ich empfehlen, auf das Transkript zurückzugreifen, so wie es bei einem Interview auch ist. Aber, wie gesagt, entscheidend ist im Grunde nicht, ob da jetzt letztendlich Punkte oder Beistriche dahinterstehen, sondern wie das Zitat im Text eingearbeitet ist und wie ich es gut sichtbar mache, also die Gesamtkomposition.