Im Spotlight: nachhaltige Verpackung und Kreislaufwirtschaft

Was bewirkt Zusammenarbeit entlang der Supply Chain für nachhaltige Verpackungen?

Am Ende steht bei der Verwendung oder beim Verbrauch eines Produkts für die Konsument*innen meist: Verpackung wegräumen. Doch das ist noch lange nicht das Ende der Verpackung. Von der Kreation bis zur Entsorgung sind viele Unternehmen beteiligt, deren Zusammenarbeit entlang der gesamten Wertschöpfungskette in Richtung Kreislaufwirtschaft abzielt. Der Österreichische Verpackungstag fördert Kooperation und Austausch. Victoria Krauter und Jan Krepil vom Fachbereich Verpackungs- und Ressourcenmanagement der FH Campus Wien zu Zielen und Programm des Österreichischen Verpackungstags am 13. Oktober 2022.

Datum: 29.9.2022

Im Spotlight: nachhaltige Verpackung und Kreislaufwirtschaft

Lisa Baumgartner
allo bei neunmalklug. Ich bin Lisa Baumgartner und ich freue mich, wenn mir meine Gäste heute wieder Fragen beantworten über ein wesentliches Zukunftsthema. Ja, es geht heute wieder um Nachhaltigkeit und was wir unseren Kindern und den folgenden Generationen hinterlassen. Genauer geht es darum, eigentlich nicht zu viel zu hinterlassen und eine positive Bilanz zu ziehen. Wir sprechen über Verpackungen. Wie können diese nachhaltig und ressourcenschonend gestaltet werden, produziert werden und einem Kreislauf zugeführt werden? Kreislaufwirtschaft, das sind ja viele Unternehmen daran beteiligt. Und Gelegenheit zur Vernetzung und Austausch bietet der Österreichische Verpackungstag. Die Veranstaltung findet heuer am 13. Oktober im Wiener MAK statt und wird vom Fachbereich Verpackungs- und Ressourcenmanagement von der FH Campus Wien bereits zum vierten Mal schon organisiert. Aus dem Fachbereich begrüße ich Victoria Krauter und Jan Krepil. Victoria Krauter, Sie sind ja Leiterin des Kompetenzzentrums Sustainable and Future Oriented Packaging Solutions. Jan Krepil, Sie sind als wissenschaftlicher Mitarbeiter tagtäglich mit der Thematik beschäftigt. Welche Ziele hat sich denn der Österreichische Verpackungstag gesetzt?

Jan Krepil
Ja, also prinzipiell geht es um den Austausch von Informationen und Erkenntnissen für alle Akteur*innen entlang der Supply Chain. Also das betrifft Verpackungshersteller*innen gleichermaßen wie den Einzelhandel. Und es ist jetzt gerade natürlich eine herausfordernde Zeit. Gesetzliche und gesellschaftliche Herausforderungen kommen auf die Branche zu. Und denen muss man natürlich auch gewachsen sein. Deswegen bietet der Verpackungstag eine gute Plattform, sich auszutauschen.

Lisa Baumgartner
Am 13. Oktober steht also im Mittelpunkt die Supply Chain. Der Titel heuer vom Verpackungstag: "Innovativ, vernetzt und transparent entlang der Supply Chain." Wer ist denn jetzt aller damit gemeint? Denken wir so eine Verpackung einmal durch, beginnt wahrscheinlich beim Design, oder?

Victoria Krauter
Genau, die Verpackungsbranche per se ist ja hochkomplex. Wir reden ja nicht nur vom reinen Produzieren der Verpackung, vom auf dem Markt bringen, sondern das fügt sich ein in einen sehr, sehr großen Kreislauf. Also wir haben hier die Rohmaterialien, die wir beschaffen müssen, bzw. vielleicht sind das auch recycelte Materialien, die hier in diesen Kreislauf mit hineinkommen. Die müssen dann entsprechend aufbereitet vorbereitet werden. Dann werden eben Materialien geformt, die müssen dann auch wieder transportiert werden. Transport natürlich vielleicht auch davor schon mal der Fall. Dann kommt es zum Abfüller, zur Abfüllerin. Die Produkte und die Verpackung werden eine Einheit. Dann wird oftmals wieder transportiert, gelagert, zum Handel gebracht oder vielleicht Business to Business direkt zu Verbrauchenden gebracht. Und dann ist es ja auch noch lange nicht zu Ende. Wir haben die Konsument*innen, die verbrauchen die Produkte dann und dann haben wir natürlich die Verpackung, die irgendwo überbleibt. Und dann sind wir in diesem Thema Abfall mit drinnen bzw. Recycling mit drinnen. Wo gehen denn diese Materialien dann wirklich hin? Wie können wir die sammeln? Wie können wir sie kategorisieren? Wie können wir sie vielleicht wieder auftrennen oder in gemeinsame Fraktionen bringen? In welche Recycling Prozesse gehen sie denn mit hinein? Und dann schließt sich eben dieser Kreis wieder: Wo gehen Sie dann als nächstes hin? Und das sind so viele Knotenpunkte, die in der Zukunft besser miteinander vernetzt werden müssen. Weil, wenn wir das nicht schaffen, dann können wir diese Themen wie Kreislaufwirtschaft, Green Deal, Farm to Fork-Strategy, all das, was wir von Seiten der EU international, aber auch national vorhaben, gar nicht umsetzen. Also wir müssen hier miteinander sprechen, wenn wir es so herunterbrechen wollen. Und dieses Sprechen in Zukunft wird mehr und mehr digital sein. Wir brauchen neue digitale Prozesse, wo wir Probleme, die derzeit bestehen, beheben können. Das sind oftmals Themen: Wem gehört denn ein Material überhaupt? Wie ist dieses Material zusammengesetzt? Da sind so viele Detailinformationen dieser Spezifikationen, die entlang dieser Wertschöpfungskette einfach weitergegeben werden müssen, die oftmals, wie soll ich sagen, versickern, dass wir die eben da haben. Dann, dass wir entsprechende Möglichkeiten finden, zum Beispiel am Ende des Lebenswegs einer Verpackung, wenn sie gesammelt wird, wie kann die in ein Rezyklat übergeführt werden? Wissen wir dann noch, was da die Ausgangsstoffe dieses Materials waren? Wie können wir zum Beispiel Verpackung A und B kombinieren, um wieder eine gemeinsame Verpackung, ein gemeinsames Material daraus zu machen? All diese Fragen stehen da dahinter. Und da kann eben diese Digitalisierung, dieses Weitergeben der Information helfen.

Lisa Baumgartner
Sie haben es vorher schon ein bisschen angesprochen. Die Verpackungsindustrie hat ja auch viele Vorgaben umzusetzen. Da gibt es nationale, aber auch EU Gesetze. Die geben die Rahmenbedingungen vor. In welche Richtung stoßen denn aktuell die EU und die nationalen Vorgaben?

Jan Krepil
Ich glaube, es ist prinzipiell einfach ein sehr komplexes Thema. Aber ein Ding, das man auf jeden Fall feststellen kann und auch sieht, ist, dass man immer mehr in Richtung Digitalisierung geht, um eben die gesamte Wertschöpfungsketten-Informationen, so gut wie möglich es geht, zu erhalten und eben so viel wie möglich über ein bestimmtes Produktsystem zu wissen. Also Digitalisierung ist auf jeden Fall ein großes Thema der Europäischen Union.

Victoria Krauter
Digitalisierung ist hier eben besonders wichtig, um gewisse Ziele zu erreichen. Das sind zum Beispiel Nachhaltigkeitsnachweise, Produktinformationen, unternehmerische Entscheidungsfindungen, klares Eigentum - wie ich vorher schon erwähnt habe - von Materialien. Aber auch Rezyklaten und eben dieser Informationsaustausch, der dann national, aber auch international sein kann und so smart ist, dass genau die Personen, die bestimmte Informationen brauchen, auf die gezielt zugreifen können.

Lisa Baumgartner
Verpackungen bestehen ja natürlich aus allen möglichen Materialien. Nicht alle sind für jedes Produktgeeignet. Und dann ist ja auch noch die Frage: Welches Material ist tatsächlich nachhaltiger? Ich denke jetzt an das so viel genannte Beispiel Glasflasche: ja oder nein, Glasflasche?

Jan Krepil
Es gibt nie ein definitives Ja oder Nein, weil es die perfekte nachhaltige Verpackung nicht gibt. Also man muss immer davon ausgehen, dass es einfach eine Abwägung zwischen Vor- und Nachteile einer Verpackung in Bezug auf Nachhaltigkeit ist. Wenn man jetzt zum Beispiel von der Glasflasche spricht, ist Glas sehr beständig. Es kann oft rezykliert werden und behält seine spezifischen Eigenschaften, hat aber zum Beispiel im Gegenzug im Vergleich zu anderen Materialien höheres Gewicht, was sich dann natürlich auch in den Transportkosten widerspiegelt. Wenn man jetzt natürlich von Nachhaltigkeit spricht, ist es ja immer ganz wichtig, sich zu überlegen, wie kann ich Nachhaltigkeit überhaupt messen? Und ein ganz gutes Tool dafür ist die Lebenszyklusanalyse oder im englischen LCA, also Life Cycle Analysis, wo anhand von verschiedenen Wirkungskategorien, wo auch unter anderem das CO2 darunter fällt oder die Überdüngung von Wasser, wir feststellen, wie gut oder wie schlecht ein Produkt auf die Umwelt wirkt. Prinzipiell sprechen wir von Lebenszyklusanalyse deswegen, weil der gesamte Lebensweg eines Produktsystems untersucht wird, das heißt die Herstellung auf der Farm bis zum Lebensende - end of life, also praktisch die Entsorgung des Produkts und der Verpackung des Produkts.

Lisa Baumgartner
Wenn wir eben von Kreislauf sprechen. Dabei fällt der Begriff Recycling auch. Wir haben wahrscheinlich viele das Bild von diesen Müllbergen von Kunststoff an den schönsten Flecken der Welt im Kopf. Es soll bis 2025 50 % des Plastikabfalls recycelt werden. Schaffen wir das?

Victoria Krauter
Das ist natürlich eine gute Frage. Ist eine Herausforderung. Nicht nur für uns hier in Mitteleuropa, wo wir schon sehr, sehr gut unterwegs sind, aber natürlich auch für den Rest von Europa und darüber hinaus. Auch, wenn das jetzt natürlich nicht direkt unter die EU Ziele fällt, aber wir müssen weltweit agieren. In gewissen Bereichen sind wir schon sehr gut. Wir haben es vorher schon gehört: Glas zum Beispiel wird sehr, sehr gut gesammelt, sehr gut rezykliert. Auch bei Metall und Papier haben wir die Nase schon sehr weit vorne. Beim Kunststoff selber ist es noch ein bisschen herausfordernder. In manchen Bereichen sind wir schon sehr, sehr gut unterwegs, zum Beispiel bei den PET Flaschen. PET Flaschen sind ein sehr, sehr gut charakterisierten Werkstoff, der sich auch gut recyclieren lässt, den wir mittlerweile schon sehr, sehr gut sammeln. Bei anderen Kunststoffen haben wir aber so ein bisschen ein Thema, vor allem im Lebensmittelbereich. Wenn wir auf diese Massenkunststoffe wie PE oder PP schauen, dann ist hier zum Beispiel das Problem der Migration. Welche Qualität hat dieser Grundstoff? Ist er für den Lebensmittelkontakt noch geeignet? Können wir tatsächlich in ein Recycling gehen? Also Einsatz auf der gleichen Ebene, das die zum Beispiel Flasche oder Tasse wieder eine Flasche oder eine Tasse wird? Oder sprechen wir dann eher von Down Cycling, also dass wir daraus dann vielleicht andere Gebrauchsgegenstände machen, die aber zum Beispiel nicht mehr direkt mit Lebensmitteln in Kontakt kommen. Hierfür werden jetzt verschiedenste Aktionen im Gesetz, das schließt so ein bisschen den Kreis auch von unserem Podcast heute, denke ich, denn es geht hier jetzt um eben: Das richtige Sammeln dieser Wertstoffe, diese Verpackungen wieder zurückzubekommen, sie richtig zu sortieren, sie richtig wieder zusammen zu mischen, sagen wir es so salopp, daraus ein Material zu machen und dann auch von diesem Material zu wissen, wie ist es zusammengesetzt, wo kann ich es einsetzen, was ist da tatsächlich drin und mit welchen vielleicht chemischen Gefahren muss ich denn noch rechnen in Hinblick auf Migration? Da gilt es, das zu bewerten und dann natürlich Produkte Materialien herzustellen, die unbedenklich sind. Im Weiteren ist es dann auch eine Herausforderung, den Kreislauf so zu schließen, dass wir nicht nur Design for Recycling machen, sondern auch Design from Recycling.

Lisa Baumgartner
Bitte um Erklärung. Was heißt das?

Victoria Krauter
Design from Recycling. Also wir haben diese Materialien, die aus dem Recycling Prozess herauskommen und oftmals wissen wir noch nicht, wo wir sie genau einsetzen können. Ich habe das vorher kurz angesprochen mit der Sicherheit der Materialien, diese Einsatzmöglichkeiten. Da gilt es zu screenen und zu schauen, wofür qualifiziert sich dieses Material? Qualifiziert sich das vielleicht für einen Einsatz im Pharmabereich, im Lebensmittelbereich, vielleicht im Bereich Haushaltswaren, Putzmittel? Oder ist es vielleicht die Parkbank nebenan? Da gibt es dann unterschiedlichste Möglichkeiten, dieses Material wieder in den Kreislauf, in den Gebrauch zu bringen.

Lisa Baumgartner
Welche Impulse kann denn der österreichische Verpackungstag, um jetzt hier noch einmal anzuschließen, heuer gerade in diesem Bereich, also eventuell in diesem Kunststoffbereich setzen?

Victoria Krauter
Wir werden beim Österreichischen Verpackungstag eine Kunststoff-Studie präsentieren. Man darf gespannt sein, was denn da so herauskommt an Zahlen, Daten, Fakten zum Kunststoffmarkt in Österreich.

Lisa Baumgartner
Innovativ, transparent und vernetzt entlang der Supply Chain. Das möcht der Verpackungstag fördern. Aber es gibt ja sicherlich auch Vorbilder, also Best Practice-Beispiele für nachhaltige Verpackungsstrategien und -lösungen, oder?

Victoria Krauter
Ja genau. Beim österreichischen Verpackungstag haben wir verschiedenste Aussteller und Ausstellerinnen, die nachhaltige Prozesse und Produkte, also Verpackungen präsentieren werden. Aber es gibt auch Preisverleihungen, darunter besonders wichtig der Staatspreis Smart Packaging 2022. Hier werden natürlich auch die Musterlösungen ausgestellt. Die Personen können sich die dann ansehen und nähere Informationen dazu bekommen.

Lisa Baumgartner
Der Staatspreis Smart Packaging wird ja im regelmäßigen Rhythmus verliehen, alle zwei Jahre. Die Zeremonie ist anschließend an den Österreichischen Verpackungstag. Worum geht es beim Staatspreis?

Victoria Krauter
Der Staatspreis Smart Packaging wird von zwei Bundesministerien verliehen. Zum einen das Bundesministerium für Arbeit und Wirtschaft und zum anderen das Bundesministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie. Gesucht sind hier besonders herausstechende Lösungen, die zum Beispiel Business to Business, also im Bereich Transport, Um- und Verkaufsverpackungen für gewerbliche Endverbraucher zu finden sind und Business to Consumer, wo es dann tatsächlich um Verkaufsverpackungen für private Endverbraucher*innen geht. Aber auch das Thema Branding ist hier ein sehr wichtiger Punkt. Hier geht es eben um Lösungen bei Markteinführung, Veredelung, Gestaltungen von Verpackungen, aber auch eben Point of Sale. Wie wird hier präsentiert?

Lisa Baumgartner
Wenn ich mich jetzt als Endverbraucherin für die besten ausgezeichneten Verpackungen interessiere, wo finde ich die?

Jan Krepil
Kleiner Tipp: Auf der Webseite des Staatspreises kann man die vergangenen und dann auch die zukünftigen Preisträgerinnen und Preisträger und die Verpackungen anschauen.

Lisa Baumgartner
Jan Krepil für Sie ist es heuer Ihr erster Verpackungstag, an dem Sie mit dabei sind. Welche Erwartungen haben Sie?

Jan Krepil
Ja, also hoffentlich natürlich viel Neues. Also neue Informationen, neue Erkenntnisse, neue Studien und natürlich so tolle Diskussionen, es ist eine Podiumsdiskussion geplant. Also, ich hoffe insgesamt auf jeden Fall auf spannende und tolle Vorträge.

Lisa Baumgartner
Viktoria Krauter, welche Inputs nehmen Sie erfahrungsgemäß mit?

Victoria Krauter
Zum einen natürlich fachliche Inputs von unseren Keynote Speakern, aber auch den Vorträgen, die Diskussionen. Das ist alles immer sehr, sehr interessant. Aber daneben eben auch dieses persönliche Treffen, persönliches Treffen mit Unternehmen, mit Personen, die man vielleicht schon kennt, aber auch neuen Personen. Dieses Reflektieren über gute Lösungen, sehr gute Lösungen, die es schon am Markt gibt und dann so ein bisschen der Auftakt natürlich für die nächsten Unternehmungen - seien, dass jetzt Projekte, Zusammenarbeit, aber auch den Einschluss, das mit hineinnehmen von Unternehmen in unsere Lehre an der FH Campus Wien.