Nach.Plan.Bauen. – Dem Wissen um nachhaltiges Bauen kräftig Schub geben

Wie Nach.Plan.Bauen. nachhaltiges Bauen pusht.

Wie kann man ohne Plan bauen? - denken Sie vermutlich. Gar nicht. Aber Martin Aichholzer, Studiengangsleiter des Masterstudiums Architektur – Green Building und sein Forschungsteam denken beim von der MA 23 geförderten Projekt Nach.Plan.Bauen. viel weiter als nur an den Bauplan. Es geht um Städteplanung, um soziale Nachhaltigkeit, um Ressourcen – sprich es geht um nachhaltiges Bauen. Dieses Themenfeld ist komplex und gerade deshalb geht es darum, Wissen zu recherchieren aufzubereiten, zu bündeln und möglichst userfreundlich allen Akteur*innen der Baubranche zur Verfügung zu stellen.

Wie mit HiBiWood der Holzbau international an Bedeutung zulegt.

International dreht das Erasmus+ geförderte Lehrprojekt Sustainable, High-Performance Building Solutions in Wood, den Hahn für den Wissensfluss rund um nachhaltiges Bauen, ganz speziell um den Holzbau, voll auf. Voneinander lernen – zum Vorteil für alle, steht als Überschrift auf diesem Plan. Mehr dazu verrät Ihnen Martin Aichholzer.
11.1.2021

Lisa Baumgartner
Herzlich willkommen! Lisa Baumgartner wünscht Ihnen einen schönen Tag und dieses Mal gemeinsam mit Martin Aichholzer vom Departement Bauen und Gestalten von der FH Campus Wien.

Martin Aichholzer
Guten Morgen.

Lisa Baumgartner
Herr Aichholzer, Sie sind an unserer FH Studiengangsleiter und zwar vom Masterstudiengang Architektur - Green Building. Sie bilden also Architektinnen und Architekten aus, die spezielles Fachwissen im Bereich Nachhaltigkeit beim Bauen haben. Darüber reden wir und auch noch über ein Forschungsprojekt. Ich verrate schon mal den Namen. Es heißt Nach. Plan. Bauen. Bei dem geht es auch um Wissensvermittlung. Architektin und Architekt mit Fokus Green Bildung, welche Bedeutung hat denn dieser Beruf?

Martin Aichholzer
Meiner Meinung nach eine relativ große. Wir bewegen sehr viel Massen im Bauwesen und wir bewegen auch Menschen. Das heißt, wir haben Einfluss auf ihre sozialen Verhältnisse durch das Bauen. Und deswegen glaube ich, dass wir mit einer Ausbildung, die sich verstärkt um die Zukunft kümmert, großen Einfluss haben auf das zukünftige Leben und auf das zukünftige Bauen natürlich.

Lisa Baumgartner
Wenn ich "Green Building" höre, dann kommt mir sofort in den Sinn der Begriff "Niedrigenergiehäuser". Ist das jetzt alles? Was umfasst Nachhaltigkeit beim Bauen und was bedeutet das für die Gebäude?

Martin Aichholzer
Die Energie, die im Betrieb verbraucht wird, war im Fokus der letzten 20 Jahre. Da sind meiner Meinung nach die Hausübungen gemacht. Das ist mittlerweile Top-Down-Standard, wurde aber gestartet mit vielen kleinen Initiativen von vielen, sagen wir mal, Freaks, die versucht haben, nachhaltige Konzepte im eigenen Haus oder in der eigenen Wohnung umzusetzen. In Wirklichkeit ist aber nachhaltiges Bauen oder Green Billing wesentlich mehr. Es geht um soziale Nachhaltigkeit, es geht um Leistbarkeit, und vor allem geht es um Ressourcen. Vor allem bei den Ressourcen, natürlich um Nachhaltigkeit beim Ressourcenverbrauch, und da sind regenerative oder recyclierbare bzw. kreislauffähige, wie man so schön sagt, Prozesse ganz, ganz wichtig.

Lisa Baumgartner
Auch gesetzliche Vorgaben fordern ja natürlich das nachhaltige Bauen ein. Da stecken die Klimaschutzziele dahinter. In Österreich sollen ab 2021 alle Neubauten als Niedrigstenergiegebäude ausgeführt werden. Sie selber sind ja seit Jahrzehnten als Architekt tätig. Sind denn ausreichend Fachkenntnisse in der Baubranche für die Nachhaltigkeit am Bau vorhanden?

Martin Aichholzer
Auf keinen Fall. Wir haben festgestellt, dass eben immer noch sehr viele – ob das jetzt Architekten sind, Bauingenieure aber auch Auftraggeber – Teilaspekte kennen und Teilaspekte anwenden. Aber das umfassende Wissen was ist ein nachhaltiges Gebäude, ein wirklich nachhaltiges Gebäude, ist noch in den Kinderschuhen. Es wird abgebildet teilweise durch Zertifikate wie Klima aktiv, aber tatsächliche Nachhaltigkeit in allen Phasen eines Bauprojekts – man beachte nur den Müll, den wir gerade noch produzieren in Form von Styropor, Fassaden, also EPS-Fassaden oder den meiner Meinung nach viel zu umfangreichen Einsatz von Beton im Hochbau – da erkennt man, dass einfach noch kein Bewusstsein da ist.

Lisa Baumgartner
Sie und ihr Forschungsteam vom Studiengang Architektur – Green Building setzen also genau an diesem Punkt an, nämlich Nach. Plan. Bauen. soll Wissenslücken aufdecken und diese schließen.

Martin Aichholzer
Nach. Plan. Bauen. ist ein Projekt, das wir vor über zwei Jahren entwickelt haben. Im Zuge der Förderschiene der MA23. Und zwar geht es darum, Firmen aus Wien zu qualifizieren, höher zu qualifizieren, und für Fachhochschulen eine Möglichkeit zu haben, ihr Wissen sozusagen in die Wirtschaft zu bringen. Unsere Idee war eigentlich eine Bottom-up-Strategie. Das heißt, wir versuchen jetzt mit diesem Projekt Bauingenieur*innen, Architekt*innen, aber auch Leute, die nicht in der Planungsphase so stark involviert sind, zu qualifizieren. Das heißt, wir entwickeln ein Curriculum, das für postgraduale Ausbildung, aber auch Kurse für z.B. Entwickler, Immobilienentwickler oder für andere Entscheider interessant ist, in dieser Materie weiter zu kommen. Das heißt, nachhaltiges Bauen sollte da vermittelt werden in Kursen. Das Ziel, das wir anstreben, ist möglicherweise auch eine Art Masterstudiengang zu kreieren, der sich ganz speziell als Ergänzung sieht zum klassischen Architekturstudium. Komplementär sozusagen, was Nachhaltigkeit betrifft, ist er noch weitergehender als unser Masterstudiengang, den wir sowieso schon haben, den ich leite. Das ist die eine Ebene und die andere Schiene ist Wissen aufzuschließen im Sinne einer Wissensdatenbank, wo wir versuchen, das Wissen zugänglich zu machen. Wir wissen, dass es viele Forschungsprojekte gibt, dass es Studien gibt, die in Schubladen herumliegen, dass es auch verschiedenste Informationsquellen gibt, die wir versuchen, einfach zusammen zu führen und so aufzuschließen, dass man speziell auf das Fachpublikum zugeschnittene Formate hat, wo man schnell zur Information kommt und nicht ewig recherchieren muss.

Lisa Baumgartner
Das heißt, ich kann mir diese Wissensdatenbank als Plattform vorstellen, wo jeder darauf Zugriff hat?

Martin Aichholzer
Genau. Es gibt schon ähnliche Datenbanken wie z.B. von den Zimmereien oder von den Innungen, von der Bundesinnung - Metawissen.com, da kann man über Holzbau zum Beispiel Wissen sich aneignen. Oder bei proHolz gibt es eine eigene Plattform, DataHolz.com. Es gibt da schon was. Es gibt auch Nachhaltigkeitsplattformen im internationalen Raum, Deutschland, auch in Österreich, verschiedenste Internetmedien, die versuchen, Wissen weiterzugeben. Und wir versuchen, das so aufzubereiten, dass es für einen Anwender, für eine Anwenderin direkt nutzbar ist. Es ist wirklich in der Anwendung einen Sinn hat und nicht nur Allgemeinwissen, das eh schon teilweise sehr bekannt ist.

Lisa Baumgartner
Wie wollen Sie denn dieses Forschungsziel jetzt eine userfreundliche Wissensplattform und außerdem eben auch diese Curricula für postgraduale Qualifikationen zu entwickeln, wie wollen Sie dieses Forschungsziel erreichen?

Martin Aichholzer
Die Kurse machen wir schon einen Durchgang im Projekt selbst. das ist finanziert, das heißt, wir werden diese Kurse schon abhalten im Frühjahr nächsten Jahres. Je nachdem, wie die allgemeine Entwicklung stattfindet. Spätestens kurz vor dem Sommer oder allerallerspätestens im Herbst 2021. Die Plattform werden wir bis zu einem gewissen Punkt entwickeln, auch zugänglich machen bis zu einem gewissen Punkt. Aber die dynamische Plattform sozusagen, sprich dort, wo man dann bearbeiten muss und wo man aktualisieren muss, da wissen wir noch nicht genau, wie wir das finanzieren werden im Betrieb. Das heißt, wir werden das Wissen aufbereiten mit Status 2022 bis dorthin. Und dann werden wir versuchen, möglicherweise den Betrieb irgendwie weiter sicherzustellen. Aber das ist noch in den Sternen.

Lisa Baumgartner
Sie haben, glaube ich, schon ein paar Forschungsschritte gesetzt, was ist bis jetzt schon passiert?

Martin Aichholzer
Wir haben bis jetzt den Bedarf erhoben. Das heißt, wir haben versucht, über Diskussionsforen, die leider durch die Covid-Krise nur einmal stattfanden, und das zweite und das dritte mussten wir leider absagen – durch Diskussionsforen haben wir direkt diskutiert mit verschiedenen Stakeholder*innen. Wir haben dann eine Umfrage gemacht, direkt Interviews gemacht. Diplomarbeiten haben wir vergeben, wo auch die Studierenden Informationen eingeholt haben. Wir haben uns sehr vielseitig aufgestellt und verschiedene Medien genutzt, um zu Informationen zu kommen. Und das haben wir jetzt zusammengefasst und versuchen jetzt gerade, diese Erkenntnisse in das Curriculum einzuarbeiten. Das momentan ist sozusagen die Hauptarbeit, das Entwickeln des Curriculums und im Hintergrund erst das Sammeln von Informationen für die Wissens Drehscheibe.

Lisa Baumgartner
Können wir schon von Zwischenergebnisse erfahren?

Martin Aichholzer
Zwischenergebnis gibt es bei den Bedarfen. Was haben die Bauingenieur*innen und Architekt*innen primär für Defizite. Der Wunsch, dort mehr Information zu bekommen ist in erster Linie beim Lebenszyklus. Die Lebenszyklusbetrachtung ist eine sehr, sehr komplexe Angelegenheit. Sie können sich vorstellen, von der Planung bis zum Ende, bis zum Lebensende des Gebäudes, das sind 100 Jahre oder noch länger oder auch kürzer, je nachdem, für welchen Zweck es verwendet wird. Es ist natürlich eine sehr lange Spanne und es ist ein sehr komplexes Feld, das schwer, schwer, schwer nachzuvollziehen ist. Da muss man sich vertiefen und wir wollen das auch aufbereiten, um es leichter zugänglich zu machen und die Erkenntnisse daraus in den Frühphase der Planungen zu implementieren. Das ist das Um und Auf.

Lisa Baumgartner
Wenn ich an eine Bauplanung denke, da sind sehr viele Leute involviert. Politische Entscheidungsträger zum Beispiel, sind auch diese Zielgruppe für ihr Forschungsprojekt?
Martin Aichholzer
Die politischen Entscheidungsträger vielleicht etwas weniger als die Entscheidungsträger in Verwaltungen, also z.B. Stadt Wien-Baudirektion wäre interessant, weil diese Projekte natürlich mitgestalten, Ausschreibungen verfassen, Themen vorgeben. Und das wäre uns ein großes Ziel, dass auch die Entscheider in den Verwaltungen eine Upgrade bekommen sozusagen oder auch da qualifiziert werden auf ein höheres Niveau, was Nachhaltigkeit betrifft. Und auf der anderen Seite eben die ganze Planungsbranche, das sind ja nicht nur Bauingenieur*innen und Architekt*innen, sondern auch die ganzen Fachplaner*innen, Haustechnikplaner*innen, Bauphysiker*innen. Das heißt, es geht in weite Bereiche, das geht bis zu städtebaulichen Entscheidungen, die, wenn man das Thema Nachhaltigkeit ernst nimmt, ja da schon beginnen: Bei Entscheidungen, wo wird aufgeschlossen? Wo wird gebaut? Wo darf überhaupt gebaut werden? Weil der Verkehr einer der größten CO2 Treiber ist, der natürlich unmittelbar mit städtebaulichen Entscheidungen zusammenhängt.

Lisa Baumgartner
Wie ich das erste Mal den Namen gehört habe „Nach.Plan.Bauen.“, habe ich mir gedacht: Naja, ein Haus zu bauen, das geht ja gar nicht ohne Plan, oder? Aber ich glaube, der Name ist trotzdem sehr bewusst gewählt?

Martin Aichholzer
Genau, jeder glaubt, er baut nach Plan. Aber wir meinen nicht den Plan an sich, sondern wir einen nachhaltig planen und bauen. Das ist nur die Kurzform. Also Nach.Plan.Bauen. ist der Arbeitstitel oder der Titel, der sich ganz gut bewährt hat. Und in Wirklichkeit geht es ums nachhaltige Planen und Bauen. Und nachhaltig ist schon ein sehr abgedroschenen Begriff. Aber wir bleiben trotzdem dabei, weil das so das Äquivalent zu sustainable ist im Englischen. Und sustainable bedeutet wirklich tiefgehend und umfassend. Und das ist uns ganz, ganz wichtig. Es ist auch ein Wording, das in Normen eingehen wird. Und deswegen bleiben wir bei Nachhaltigkeit und Sustainable Building sozusagen. Das Green Building ist eigentlich noch eine Vorform. In Wirklichkeit reden wir von Nachhaltigkeit und sustainable ist sozusagen das Äquivalent in Englisch.

Lisa Baumgartner
Apropos Englisch, gutes Stichwort! Nach. Plan. Bauen. ist jetzt für Österreich gedacht. Wie ist denn das Wissen um Nachhaltigkeit im Bauen international, wie ist es darum bestellt?

Martin Aichholzer
Ich glaube, dass wir uns mittlerweile gar nicht mehr so stark absetzen von anderen. Also geht davon aus, dass in Österreich und ich habe mich jetzt doch 25 Jahre mit der Thematik beschäftigt - dass wir in Österreich relativ weit vorne waren. Mit der Schweiz und mit Deutschland zusammen, weil es bei uns natürlich in erster Linie um Wärmeschutz ging und wir in einer relativ kalten Region mit relativ wenig Ressourcen leben, also Ressourcen im Sinne von Heizmaterial, und eben davon abhängig waren, sind seit den 70ern Jahren weiß man das, dass das Öl möglicherweise ein Problem werden wird in irgendeiner Weise, und wir hier einen doch kleinen Vorsprung gehabt haben. Aber mittlerweile ist das Thema international ausgerollt, dass in allen Ländern ein gewisser Wissensstand oder Wissensstock da ist und wir z.B. mit einem internationalen Projekt, das wir gerade bekommen haben über die Erasmus+ Schiene auch Wissen rund um z.B. Bauen mit Holz, dass ja ein Aspekt des nachhaltigen Bauens ist, uns Austauschen mit anderen Ländern wie z.B. Litauen, Lettland, Polen. Da geht's um Entwicklung von Lehre für Universitäten, in erster Linie, in unserem Bereich für Fachhochschulen. Also wir sind mit Fachhochschulen kombiniert. Es gibt da ein zweites Projekt, praktisch einen Zwilling, der mit universitärer Lehre zu tun hat. Und wir versuchen parallel sozusagen diese Curricula zu entwickeln, einerseits für Fachhochschulen, andererseits für Universitäten und werden dann auch irgendwann ein gemeinsames Projekt möglicherweise daraus machen.

Lisa Baumgartner
Es steht bei diesem Projekt Holz im Vordergrund, Holz als Baumaterial, das Ressourcen schont. Wie sehr ist denn tatsächlich die Aussagekraft von Holz? Wie sehr schont denn Holz tatsächlich?

Martin Aichholzer
Holz ist die einzige Möglichkeit, mit einem regenerativen Baustoff in die Höhe zu gehen. Wir haben in Österreich kurzzeitig das höchste mit Holz gebaute Gebäude gehabt. Ich sag bewusst nicht Holz-Gebäude, weil es ein Hybridbau ist mit einem Kern aus Stahlbeton, aber mit einem hohen Holzanteil in Kombination. Das steht in Aspern, in der Seestadt, das Hoho. Und da hat man schon bewiesen, dass man über 100 Meter oder bis zu 100 Meter bauen kann. Es gibt mittlerweile schon höhere Gebäude, auch größere. Das ist jetzt gar nicht so stark der Fokus, der Fokus liegt meiner Meinung nach in der Masse und in der Masse sind wir zwischen drei und sieben Geschoßen und da ist der Holzbau relativ stark. Und es ist einfach das Material Holz konstruktiv. Die einzige Möglichkeit mit einem regenerativen Material, also einem Material, das im Wald wächst, Häuser zu bauen. Das heißt, der Kohlenstoff, der im Holz gebunden wird, wird tatsächlich im Gebäude gelagert oder gebunden und kann über viele, viele Jahre der Atmosphäre entnommen werden. Und das ist meiner Meinung nach einer der größten Hebel überhaupt, CO2 aus der Atmosphäre herauszubekommen, weil es wenig andere Möglichkeiten gibt, CO2 wieder aus der Atmosphäre zu speichern. Mit einer Methode, die sowieso passiert, das heißt, Bauen wird sowieso passieren. Man muss jetzt nichts Neues erfinden, wie irgendwelche unterirdischen CO2 Speicher mit irgendwelchen chemischen oder anderen physikalischen Möglichkeiten, CO2 in zu lagern sozusagen aus der Atmosphäre.

Lisa Baumgartner
Wenn ich jetzt an die Lebensdauer von Holzbauten denke, wie sind sie denn im Vergleich zu anderen Bauten? Ich glaube, ein Haus, sagt man, so 70 bis 80 Jahre ist die Lebensdauer. Wie schauts da bei Holzbau aus?

Martin Aichholzer
In Kyoto steht ein Tempel, der ist mittlerweile 400 Jahre alt und er ist aus Holz gebaut. Es gibt in Norwegen Stabkirchen, die sind genauso alt und noch älter. Die sind auch aus Holz gebaut und das ist in einer Klimazone, die sehr feucht ist und sehr lange Winter hat, und das sind historische Bauten. Es gibt ja kaum Erfahrung. Der Holzbau hat seit 40 Jahren eine Renaissance. Jeder weiß, dass die 60er, 70er Bauten sind in erster Linie Stahlbetonbauten gewesen. Der Holzbau hat eine lange Tradition, hat aber viele Hochs und Tiefs gehabt. Dieser moderne Holzbau hat natürlich noch wenig Erfahrung, aber wir haben immerhin so viel Erfahrung, dass wir wissen, was wir machen müssen, ihn lange am Leben zu erhalten. Das heißt, wir gehen davon aus, dass wir mit dem Holzbau, wenn man ihn richtig macht, auf die gleichen Lebenszyklen und Lebensdauer kommt.

Lisa Baumgartner
Es sind ja spannende Forschungsprojekte, die da jetzt begonnen haben mit Ihrem Forschungsteam. Welche Erwartung setzen Sie selber hinein? Gelingt damit der Twist in Richtung nachhaltiges Bauen? Rückt die Erreichung der Klimaziele damit für uns ein bisschen näher?

Martin Aichholzer
Das ist natürlich mehrschneidiges Schwert Prinzipiell ja. Aber es hängt davon ab, wie groß die Schritte werden. Wir in Österreich, wir sind ein kleines Land, wir können wenig bewegen. Wichtig wird sein, dass relativ rasch viele Menschen auf den Zug aufspringen. Es ist momentan eine gute Stimmung in der Richtung. Ich glaube, dass diese Pandemie auch hilfreich ist in diesem Sinne. Es gibt ja immer positive Aspekte, auch wenn etwas sehr Negatives passiert. Und ich glaube, ein positiver Aspekt ist, dass man einfach spürt, dass die Menschen merken, dass die Systeme komplex sind und dass viele Dinge zusammenhängen und dass wir bis zu einem gewissen Grad einfach unter Anführungszeichen "vom Gas gehen müssen" und überlegen müssen, wie wir in Zukunft unsere Umwelt gestalten. Und da ist das nachhaltige Bauen ganz ein wesentlicher Aspekt, wie ich anfangs gesagt habe. Wir bewegen ungefähr 40 Prozent der Energie. Wir bewegen einen Großteil der Massen im Bau, im Baugeschehen. Und das ist dann ganz klar, dass dort, wo viel bewegt wird, auch viel kaputt gemacht werden kann. Und da ist es ganz, ganz wichtig, dass wir weiterkommen. Und je mehr junge Leute wissen, dass es anders geht, dass es anders möglich ist, desto schneller geht der Prozess. Und ich bin da sehr optimistisch. Das ist eine Art Dominoeffekt. Wenn wir 20, 30, 40 Studierende pro Jahr praktisch nach draußen schicken. Die geben das Wissen weiter, geben ihre Einstellung weiter. Und das ist wie ein Dominoeffekt. Das wird relativ rasch gehen, dass ein hohes Bewusstsein da ist. Und wir müssen dann auch schauen, dass die Rahmenbedingungen passen. Dass heißt, wir arbeiten natürlich in mehreren Ebenen mit unseren Projekten, nicht nur von unten, also von Bottom-up mit Studierenden, sondern auch top-down, dass wir Einfluss nehmen auf Entscheider und Informationen aufbereiten.

Lisa Baumgartner
Diesen Hoffnungsschimmer nehme ich sehr gern mit, Herr Aichholzer. Herzlichen Dank für das Gespräch.

Martin Aichholzer
Bitte sehr.

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