Stich für Stich gegen das Coronavirus – wie Impfstoffe Viren ausknocken

Stich für Stich gegen das Coronavirus  – wie Impfstoffe Viren ausknocken

Die Impfmaschine rollt in Österreich. Von einer Impfung mit ungeheuer hohem Nutzen sprechen die Expert*innen der Regierungs-Impfkampagne, mit 450 geimpften Personen könne ein CoV-Toter vermieden werden. Die rasche Impfstoffentwicklung ist das Resultat eines beispiellosen Einsatzes personeller und finanzieller Ressourcen. Neu ist auch die Impftechnologie der mRNA-Impfung. Obwohl: RNA-Forschung existiert seit über 30 Jahren und kann auf so manchen Nobelpreisträger verweisen. An der FH Campus Wien forscht und lehrt Molekularbiologe Herbert Wank im Masterstudium Molecular Biotechnology zu RNA. Er beantwortet grundsätzlichen Fragen zur CoV-Impfstoff-Entwicklung, zu Unterschieden und Wirksamkeit, welche Folgen Virusmutationen mit sich bringen und wie es mit der Impfstoff-Forschung weitergeht.

18.1.2021

Stich für Stich gegen das Coronavirus – wie Impfstoffe Viren ausknocken

Lisa Baumgartner
Herzlich willkommen zu einer weiteren Folge des Podcasts neunmalklug zum Themenbereich Covid-19. Nach der Wirksamkeit der Maske dreht sich jetzt aktuell alles um die Wirksamkeit der Impfung. In Europa haben ja zwei Impfstoffe grünes Licht bekommen beim Zulassungsverfahren der Europäischen Arzneimittelbehörde, Nummer drei steht quasi mitten im Zulassungsprozess. Auf der ganzen Welt heißt es also: Ärmel rauf, Oberarm desinfizieren und Stich. Die Impfstoffe wurden in sensationell schneller Zeit unter Einsatz aller verfügbaren Ressourcen entwickelt. BioNTech-Pfizer und Moderna setzen dabei auf mRNA-Technologie. AstraZeneca entwickelte einen Vektorimpfstoff. Was ist da jetzt der Unterschied? - fragen sich wahrscheinlich auch viele von Ihnen.

Stimme aus dem Off
Zu Gast bei Lisa Baumgartner - heute

Lisa Baumgartner
Mein Gast ist Herbert Wank. Hallo Herr Wank. Sie sind Molekularbiologe und lehren und forschen in den Studiengängen Molekulare Biotechnologie an der FH Campus Wien. RNA Forschung - damit beschäftigen Sie sich ja eigentlich schon seit über 30 Jahren. Für Impfungen - Ist das eine neue Methode?

Herbert Wank
Wir müssen also zuerst einmal über die RNA Forschung kurz reden. Die gibt es jetzt schon seit der Mitte der 80er Jahren des letzten Jahrhunderts. Und in den letzten 20 Jahren hat sich herausgestellt, dass RNA sehr viele wichtige Funktionen in Zellen hat. Also früher hat man immer nur über die DNA gesprochen und die DNA ist wichtig. Aber in den letzten 20 Jahren, hat sich jetzt herausgestellt, dass die RNA auch wichtig ist und viele Funktionen, viele wichtige Funktionen in unseren Zellen, in allen Organismen hat. Natürlich ist diese RNA Forschung jetzt neu für die Impfstoffe. Also das sind die ersten Impfstoffe, die auf diesem Prinzip beruhen, der mRNA, und natürlich sind die ganzen Vorarbeiten und die ganzen Forschungen zum Thema RNA generell sind also ausschlaggebend, dass wir jetzt in der Lage sind, solche Impfstoffe herzustellen.

Lisa Baumgartner
Rund um die Impfstoffe gegen Covid-19 tauchen ja sehr viele fachspezifische Termini auf. Vielleicht machen wir einen komprimierten Word-Rap und Sie versuchen, ein paar von diesen Begriffen zu erläutern.

Lisa Baumgartner
Spike Protein

Herbert Wank
Ja, das Spike Protein ist ein virusspezifisches Oberflächenprotein. Das heißt, die Viren haben eine Hülle, eine Oberfläche. An dieser Oberfläche sitzen Proteine und ein wichtiges ist dieses Spike Protein. Und das Spike Protein ist dafür verantwortlich, dass der Virus jene Zellen erkennt, die er befällt. Das heißt also, wir haben in unserem Körper Zellen, die eine Oberfläche haben, wo das Spike Protein die Zellen erkennt, und dadurch kann dann der Virus uns infizieren oder unsere Zellen infizieren. Das Spike Protein ist der Schlüssel, der unsere Zellen öffnet, damit der Virus eintreten kann.

Lisa Baumgartner
Was sind Vakzine?

Herbert Wank
Vakzine sind eigentlich nur ein anderes Wort für Impfstoffe. Diese Impfstoffe können auf unterschiedlichen Mechanismen beruhen. Es gibt Impfstoffe, wo ganze Viren verimpft werden, lebende Viren oder auch abgetötet Viren. Und die neue Generation sind nur Virus-Bestandteile und da werden in erster Linie Proteine verwendet und neuerdings mRNAs, oder auch die DNA kann auch als Vakzin verwendet werden.

Lisa Baumgartner
MRNA, haben Sie gerade angesprochen? Messenger-RNA, was ist das genau?

Herbert Wank
Messenger RNA auf Deutsch bedeutet das Boten RNA und es handelt sich bei einer mRNA um eine Kopie eines Gens. Das heißt, alle Organismen auf diesem Planeten haben also DNA als genetische Information. In der DNA oder auf der DNA sind die Gene codiert und die werden in RNA übersetzt. Und diese Übersetzung, dieses Molekül, die mRNA, wird dann verwendet, um Proteine zu generieren. Aufgrund dieser Information. Und das ist der genetische Fluss in allen Organismen, in Pflanzen, in Tieren, in Bakterien. Und diese Zwischenstufe, diese mRNA dient also zur Herstellung eines Proteins. Diese Proteine werden dann verwendet, um den gesamten Organismus aufzubauen.

Lisa Baumgartner
Dann gibt es auch noch Vektorimpfstoffe. Was ist das?

Herbert Wank
Der AstraZeneca Impfstoff beruht auf dieser Technologie, und zwar ein Vektor ist ein Vehikel, um etwas in eine Zelle hineinzubringen. Und zwar dieser Vektorimpfstoff ist kein RNA Impfstoff, sondern ein DNA Impfstoff. Das heißt, es wird DNA in die Zelle eingebracht mit Hilfe von einem anderen Virus, einem Adenovirus. Das ist ein für den Menschen nicht infektiöser Virus und der beinhaltet dann die DNA Kopie des Spike Proteins - die wird eingebracht in Zellen. Das ist eine Technologie, die schon ein bissel älter ist als die mRNA-Vakzin-Technologie.

Lisa Baumgartner
Wie kompliziert ist denn die Impfstoffentwicklung gewesen im Vergleich zu anderen Impfungen? Wir erfahren ja jetzt eben in diesem aktuellen Fall sehr viel über die Entwicklung, sonst geht das glaube ich eher spurlos an allen vorbei. Wie kompliziert ist die Impfstoffentwicklung jetzt bei den mRNA-Impfstoffen gewesen?

Herbert Wank
Die Entwicklung des Impfstoffes oder die sehr schnelle Entwicklung hat mehrere Gründe. Zuerst einmal würde ich gerne anführen drei wissenschaftliche Gründe. Der erste ist also, dass es viele Vorarbeiten gegeben hat gegen einen SARS- Impfstoff. Also SARS ist auch ein Corona Virus. Diese Epidemie war 2003 und da wurden schon Impfstoffe entwickelt gegen einen Corona Virus. Die sind aber nie zur Endfertigung gekommen, weil die Epidemie, weil es keine Pandemie geworden ist, sondern nur lokal. Und es hat sich von selbst gelöst, das Problem, weil die Infektionen zurückgegangen sind und nicht weiter verbreitet wurden.

Lisa Baumgartner
Und das heißt, diese Impfstoffentwicklung hat man als Basis hernehmen können?

Herbert Wank
Genau, das hat man als Basis nehmen können. Da hat man schon viel gewusst über diese Virenklasse, wie ein Vakzin ausschauen muss. Und dann ein weiterer Vorteil war: Entwicklung von mRNA Vakzinen oder mRNA Impfstoffen. BioNTech hat ja nicht erst seit der Corona Pandemie versucht einen Impfstoff zu entwickeln, sondern die machen das ja schon seit Jahren und versuchen Anti-Krebsmittel zu entwickeln mit der mRNA-Technologie. Das heißt, die haben also große Erfahrung über die mRNA wie die sein muss, damit man die verimpfen kann und haben das jetzt auf Covid-19 umgemünzt, sozusagen. Und der dritte wissenschaftliche Grund ist, dass man sehr viel in den letzten Jahren herausgefunden hat, wie man Moleküle in Zellen einbringen kann und vor allem für RNA war das immer sehr schwierig. RNA ist ein Molekül, das man nicht einfach in eine Zelle hineinbringt. Diese Vorarbeiten haben das auch sehr beschleunigt, dass man jetzt weiß, wie muss man die RNA beschaffen, damit man sie in eine Zelle hineinbringt, dass der Impfstoff wirkt. Ja, und dann gibt's noch neben diesen wissenschaftlichen Gründen zwei andere wichtige Gründe, die jetzt diese schnelle Entwicklung vorangetrieben haben. Erstens einmal durch die Pandemie Situation sind enorme Geldmittel zur Verfügung gestellt worden. Das heißt, die Pharmafirmen haben Geld bekommen, um den Impfstoff zu produzieren bevor überhaupt noch die Zulassung da war. Die haben schon produziert, ohne zu wissen, ob das überhaupt wirken wird, weil sie so viel Geld bekommen haben. Das heißt, gleich nachdem die Zulassung geschehen ist, hat man mit der Impfung beginnen können.

Lisa Baumgartner
Das heißt, die Schritte wurden tatsächlich extrem beschleunigt?

Herbert Wank
Extrem beschleunigt. Und als letzter Punkt ist natürlich das Zulassungsverfahren, das viele kritisieren, dass das beschleunigt wurde, aber immer unter der Prämisse, dass die Sicherheit gewährleistet ist. Es ist nur, was beschleunigt wurde, ist der bürokratische Ablauf - in Europa.

Lisa Baumgartner
Ja, beschränken wir uns auf Europa. Hier sind zwei Impfstoffe, wie gesagt, schon zugelassen von BioNTech-Pfizer und Moderna. Das sind beides mRNA, also Messenger-RNA-Impfstoffe. Welche Vorteile hat ein mRNA-Impfstoff?
Herbert Wank
Die Vorteile liegen in erster Linie in der Herstellung und Entwicklung, also in der Entwicklung vor allem. Weil sie waren ja auch die ersten, die jetzt die klinischen Studien schon abgeschlossen haben. Die Entwicklung ist einfach schneller, weil es relativ einfach ist, viele Varianten von solchen mRNAs herzustellen, die man dann testen kann, ob sie wirken. Das heißt, es ist eine einfache, ist natürlich unter Anführungszeichen eine einfache Möglichkeit, so einen Impfstoff herzustellen und weitere Vorteile werden sich erst durch die Anwendung ergeben. Also man wird sehen, wie sich die Wirksamkeit entwickeln wird, weil jetzt ja immer mehr Leute geimpft werden, und man natürlich von den klinischen Studien nur immer begrenzte Anzahl hat von Proband*innen. Das sind so 30 000 circa. Aber jetzt, dadurch, dass jetzt schon Millionen geimpft werden, wird man mehr herausfinden, wie die Verträglichkeit, wie die Wirksamkeit des Impfstoffs ist - im Endeffekt. Weil die Zahlen einfach immer besser werden, je größer die Menge ist, die man verimpft. Und ein weiterer Vorteil ist, dass man schnell reagieren wird können, wenn der Impfstoff einmal nicht mehr wirken sollte -aus welchen Gründen auch immer - kann man aufgrund der erinnert Technologie sehr schnell die mRNA verändern und eine andere mRNA in den Impfstoff einbauen. Das ist keine Arbeit.

Lisa Baumgartner
Also Stichwort Mutationen, dazu sprechen wir noch etwas später genauer.

Herbert Wank
Genau, also deswegen: Das ist auch ein großer Vorteil, dass man auf solche Änderungen bei diesem Impfstoff noch leichter wird reagieren können als bei anderen Vakzin-Typen. Und wenn man von den Vorteilen sprechen muss, müssen wir natürlich von den Nachteilen auch sprechen. Ein Nachteil ist natürlich die Lagerung, diese Minus 70 Grad, die da vor allem der BioNTech Impfstoff braucht. Ich muss dazu sagen, für mich als Wissenschafter ist das jetzt kein Problem, weil jedes Labor, jedes molekularbiologische Labor hat solche Kühlschränke.

Lisa Baumgartner
Also das ist Realität in den Laboren?

Herbert Wank
Das ist vielleicht ein bisschen teurer als ein handelsüblicher Minus 20 Grad- Kühlschrank. Aber im Grunde ist das kein Problem. Das wird in den Medien immer sehr stark propagiert, dass das ein großes Problem ist. Aber im Grunde ist das kein Problem.

Lisa Baumgartner
Wenn man sich jetzt impfen lässt, ab wann bin ich dann geschützt? Es brauchte sicherlich ein paar Tage, bis mein Körper dann reagiert und den Impfschutz aktiviert.

Herbert Wank
Die Daten stammen in erster Linie von den klinischen Studien und da hat sich gezeigt, dass der Impfschutz circa 14 Tage nach der Impfung eintritt. Und einen vollen Schutz sagen die Expert*innen, dass man denen erst eine Woche nach der zweiten Teilimpfung hat. Also die zwei Impfungen oder jetzt mit der dritten. Die werden in zwei Chargen wird man geimpft, so wie bei vielen anderen Impfungen, Hepatitis und so kennt man das auch. Und den richtigen Impfschutz hat man erst nach der zweiten Teilimpfung. Es gibt aber ganz aktuelle Daten aus Israel, weil die ja schon sehr viele verimpft haben, die haben schon über 2 Millionen Bürgerinnen verimpft.

Lisa Baumgartner
Impfweltmeister werden sie genannt.

Herbert Wank
Ja genau. Und da hat man errechnet, dass die Wirkung der ersten Teilimpfung nach 13 Tagen des Infektionsrisiko um 30 Prozent erniedrigt, d. h. also nach 13 Tagen nach der ersten Teilimpfung hat man schon einen Schutz, also das Risiko der Infektion um 30 Prozent verringert ist. Natürlich werden diese Berechnungen jetzt fortgesetzt und erst, wenn über genug Daten hat, kann man sagen, wann genau jetzt der Impfschutz, der 100prozentige oder 80prozentige Impfschutz vorhanden ist.

Lisa Baumgartner
Genauso wird es wahrscheinlich auch sein bei der Prognose, wie lang denn der Impfschutz eigentlich andauert, wann dann wieder eine Impfung vonnöten sein wird.

Herbert Wank
Genau, da weiß man noch weniger. Das kann man nur rein statistisch machen, dass man also, nachdem eine bestimmte Menge geimpft ist, ein bestimmter Prozentsatz, und schaut, wie der Prozentsatz der Infektionen, wie sich der verändert mit der Zeit.

Lisa Baumgartner
Die Medien berichten ja auch von ganz unterschiedlichen Impf-Wirkungen, je nach Impfstoff. Wie kommt es denn eigentlich dazu? Ich glaube BioNTech-Pfizer und Moderna liegen irgendwo bei 80 bis 90 Prozent, aber AstraZeneca glaube ich, dass ich 70 Prozent gelesen habe.

Herbert Wank
Ja, also diese unterschiedlichen Wirksamkeit der Impfungen, die wurden bestimmt in den klinischen Studien. Und da muss man auch dazu sagen, dass sich die Werte wahrscheinlich noch etwas ändern werden, weil natürlich die Proband*innenzahl noch nicht groß genug ist, um wirklich exakte Werte über die Wirksamkeit zu bekommen. Man muss dazu sagen, dass die Moleküle sind natürlich unterschiedlich - die drei Impfungen. Also bei BioNTech und Moderna, die mRNA sind unterschiedlich und die DNA-Kopie für den viralen Wirkstoff ist auch ein unterschiedliches Molekül. Das heißt, die haben natürlich unterschiedliche Wirksamkeiten. Grundsätzlich muss man sagen, dass für eine Zulassung 50 Prozent Wirksamkeit notwendig ist - In der Regel. Also die amerikanische Gesundheitsbehörde hat mindestens 50 Prozent, in Europa variiert das ein bisschen. Aber es liegt um 50 Prozent. Das heißt, alle drei Kandidaten liegen über dieser Grenze und sind also wirksam als Impfung. Ja, diese verringerte Wirksamkeit des AstraZeneca-Impfstoffs, die kann man auch kompensieren, indem mehr Leute geimpft werden. Weil im Grunde geht es ja darum, dass die Impfung soll ja so weit kommen, dass wir eine Herdenimmunität bekommen, dass also ein großer Prozentsatz der Bevölkerung geimpft ist. Dass auch die, die nicht geimpft werden können aus Krankheitsgründen wie auch immer Kinder, Babys, dass die halt auch geschützt sind. Und wenn jetzt die Wirksamkeit geringer ist, muss nur dieser Anteil der Bevölkerung, die geimpft werden, höher sein. Das heißt, vom AstraZeneca müssten mehr Leute geimpft werden als vom Moderna-Impfstoff, wenn man das über die Gesamtbevölkerung sieht, damit wir dann einen gleichen Schutz haben.

Lisa Baumgartner
Was mich auch bei den Medienberichten ein bisschen irritiert hat, Tschechien, die haben davon gesprochen, dass sie aus einem Fläschchen vom Impfstoff BioNTech-Pfizer statt wie geplant fünf Menschen, mehr, also sechs Menschen impfen wollen. Gibt's da jetzt nicht eine genaue Dosis-Vorschrift?

Herbert Wank
Es ist sehr leicht erklärt. Es ist so, dass Sie, wenn Sie in ein Glas, in ein Gefäß, fünf Portionen eines Impfstoffes hinein geben, kriegen Sie nicht mehr fünf heraus, weil etwas am Rand im Glas-Gefäß bleibt. Den letzten Tropfen kriegen es nicht raus. Das heißt, man kriegt nie die gleiche Menge raus, die man hineingibt. Und wenn man jetzt fünf verdimpfen will, muss man mehr reingeben. Und die Firmen sind so kulant, dass sie also viel mehr reingegeben haben, also dass sich sechsmal ausgeht, dass man sechs Mal rausnehmen kann und es ist noch immer etwas drinnen. Das heißt aber nicht, dass die Impfung deswegen weniger wirksam ist, weil die Konzentration ist ja gleich. Das heißt, man nimmt also entweder fünf aliquot oder sechs heraus, wenn es sich ausgeht, nimmt man sechs und kann die veriimpfen und es macht keinen Unterschied für die Impfwirkung.

Lisa Baumgartner
Das heißt, es wird nichts an der Dosis, die dem Proband*nnen geimpft wird, etwas verändert, sondern das hat rein einen, sage ich jetzt, materialtechnischen Hintergrund.

Herbert Wank
Genau, das hat eigentlich einen Genauigkeits-Hintergrund, dass man gewährleisten kann, dass mindestens fünf Dosen herausgenommen werden können. Wenn da so viel drin ist, dass sechs gehen, macht, ist das kein Unterschied.

Lisa Baumgartner
Wenn wir nun geimpft sind, dann haben wir also, wie wir besprochen haben, einen gewissen Impfschutz - auch schon nach der ersten Teilimpfung. Aber ich bin noch immer infektiös. Das heißt, ich kann noch immer das Virus weitergeben?

Herbert Wank
Ja, diese Frage beschäftigt natürlich viele. Und das wird sich leider auch erst klären, wenn genug Leute lange genug geimpft sind. Bewiesen ist, dass die Impfung vor einer Infektion schützt, zu einem gewissen Maß und dadurch auch die Schwere der Krankheit verringert. Noch nicht geklärt ist, wie es ausschaut, ob geimpften Personen infektiös sind, wenn sie zum Teil infiziert werden. Das wird sich erst zeigen, wenn Personen lang genug geimpft sind. Man muss aber dazusagen, dass die Personen, die in den Studien geimpft worden sind im letzten Herbst, die werden noch immer beobachtet. Das heißt, hier sieht man, ob die andere infizieren oder nicht. Das wird also eine Zeit dauern, bis sich herausstellen wird, ob die Impfung auch die Infektiösität sozusagen verringert. Man nimmt aber an, dass das so sein wird, dass die Infektiösität geringer sein wird. Aber, sagen kann man es noch nicht. Das könnte sein, dass es nicht geht.

Lisa Baumgartner
Und was ist dann?

Herbert Wank
Dann muss jeder geimpft werden, um sich selbst zu schützen. Man kann die anderen nicht schützen dadurch, was auch schon ein Vorteil ist. Natürlich ein Problem für Leute, die nicht geimpft werden können. Aus verschiedensten Gründen.

Lisa Baumgartner
Wir haben schon vorher angesprochen, das Virus mutiert ja, passt sich also seiner Umgebung an und was wir wissen ist, dass diese Mutationen noch ansteckender sind. Für den Impfstoff von BioNTech-Pfizer heißt es, dass er auch gegen diese neuen Mutationen wirksam ist. Deckt ein Impfstoff praktisch prophylaktisch schon eine größere Bandbreite ab?

Herbert Wank
Zuerst wollte ich kurz sagen: Sie sagen, das Virus passt sich seiner Umwelt an, das würde ich nicht so sagen, sondern der Virus mutiert. Diese Mutationen sind dann vielleicht besser. Und das sieht man dann in einer Anpassung. Also der Virus macht das nicht aktiv.

Lisa Baumgartner
Also es ist vielleicht nur ein Kopierfehler.

Herbert Wank
Es ist nur ein Kopierfehler, die gewisse Auswirkungen haben. Und wenn das eine Auswirkung ist, dass der Virus dann effektiver wird, dass er also besser Zellen befallen kann, dann sehen wir das, was wir jetzt sehen z.B.. Also das kann durchaus passieren. Und, man muss dazu sagen, diese Viren mutieren immer und vor allen RNA-Viren, weil die Vervielfältigung von RNA, wenn ein Virus sich vermehrt, muss er ja sein genetisches Material, das RNA ist, vervielfältigen - da passieren Fehler. Viel mehr, als wenn DNA vervielfältigt wird. Und deswegen zeigen auch RNA-Viren dieses Phänomen z.B. HIV oder auch die Grippeviren, die mutieren also, weil sie RNA-Genome haben. Und diese Mutationen treten auf, wie wir jetzt gesehen haben, auch für dieses Virus. Die Mutationen, die jetzt gefährlich für uns sind, sind Mutationen im Spike Protein, weil diese B.1.1.7 Mutation, dass sich gezeigt hat, dass die also infektiöser ist. Und man nimmt an, dass durch diese Mutation das Spike Protein so verändert ist, dass es noch besser unsere Zellen erkennen kann und deswegen infektiöser geworden ist. Und das betrifft jetzt nur einen kleinen Abschnitt auf diesem Spike Protein, der mutiert ist. Und jetzt die Frage ist, wird da die Impfung noch wirken? Es zeigt sich schon, dass die Impfung auch wirkt, weil die Impfung nicht nur gegen diese kleine Stelle gerichtet ist, sondern gegen das gesamte Spike Protein oder gegen einen Großteil des Spike Proteins. Man weiß nicht genau, in den Vakzinen, wie die mRNA ausschaut. Das ist Patentgeheimnis und es ist auf alle Fälle so, dass die mRNA, die in der Impfung zu finden ist, die ist ein größerer Abschnitt des Spike Proteins, gegen das das Immunsystem geschult wird. Und das heißt, unser Immunsystem erkennt dann das Spike Protein - ob es die Mutante hat oder nicht - in der Regel genauso gut. Problematisch kann es werden, wenn das Spike Protein sich sehr stark verändert, also wenn viele Mutationen passieren, dann kann sein, dass die Impfung einmal nicht mehr wirken wird. Aber das ist eher unwahrscheinlich. Und da haben wir den Vorteil, dass vor allem für die mRNA- Impfstoffe, dass also eine schnelle Änderung der mRNA Kopie möglich ist und man auf diese Mutante auch reagieren kann.

Lisa Baumgartner
Das heißt, man beginnt dann nicht immer wieder bei Null, sondern man setzt schon auf die Erfahrungen, die man hat, auf und kann den Impfstoff dementsprechend anpassen?

Herbert Wank
Genau. Und das nicht nur die Entwicklung dann beschleunigt, sondern auch die Zulassung ist beschleunigt. Weil es dasselbe Konstrukt ist, nur mit einer anderen Sequenz, muss natürlich einige Tests durchlaufen, aber viele Tests nicht mehr.

Lisa Baumgartner
Also die Entwicklung des Impfstoffs geht schnell. Wie rasch erfolgt denn eigentlich die Zuordnung, ob die Mutation durch den Impfstoff noch immer bekämpft werden kann?

Herbert Wank
Das kann relativ leicht untersucht werden, indem man die mutierten Viren isoliert. Das heißt, man hat jetzt schon Personen, wo man weiß, dass sie mit diesen mutierten Virus infiziert. Kann man die Viren isolieren aus den Zellen und anzüchten und dann diese Viren in Zellkultur oder auch Mausversuch schauen, wie reagieren die jetzt mit Antikörpern, die aufgrund der Impfung generiert werden? Das ist eigentlich relativ einfach und schnell zu analysieren.

Lisa Baumgartner
Wagen wir gemeinsam einen Blick in die Zukunft. Was glauben Sie, wie viele Impfstoffe werden noch entwickelt werden gegen Covid-19? Wird noch sehr viel investiert werden? Ja, werden viele zugelassen werden?

Herbert Wank
Ein wichtiger Standpunkt ist: Die Forschung steht nicht still. Es wird immer weiter geforscht. Es werden laufend Impfungen gegenCovid-19 noch entwickelt. Laut WHO sind im Jänner circa 250 Impfstoff Projekte gegen Covid-19 am Laufen. Von diesen vielen Projekten sind jetzt zwei zugelassen. Der dritte hat um Zulassung angesucht und zehn weitere sind jetzt bereits in der letzten Phase der klinischen Studien. Das heißt, wir haben eine Bandbreite von unterschiedlichen Impfungen. Die Frage ist: Brauchen wir die?

Lisa Baumgartner
Und wie beantworten wir die Frage?

Herbert Wank
Ja, ja, wir brauchen die. Und zwar aus vielen Gründen. Erstens einmal ist ein großer Bedarf an Impfstoff da. Also, jedes Land will eigentlich mehr Impfstoff haben als zur Verfügung steht. Das ist der erste Grund. Der zweite Grund ist: Es wird sich herausstellen aufgrund der Impfungen, dass die Impfstoffe, die bereits vorhanden sind, vielleicht für bestimmte Gruppen nicht optimal sind. Erst durch die Verimpfung wird man sehen: Gibt es Leute, die den Impfstoff nicht vertragen? Gibt es Leute, die nicht auf die Impfung ansprechen, keine Immunreaktion ausbilden? Und dann braucht man einen anderen Impfstoff und dafür werden dann die anderen helfen? Dann ein anderer Grund ist eine Kostenfrage. Der AstraZeneca Impfstoff ist günstiger als die ersten zwei. Das heißt, auch Länder mit weniger Kapital werden vielleicht in der Lage sein, mehr Impfstoff zu kaufen, um zu verimpfen. Und viele andere Fragestellungen. Auch z.B., es gibt ja noch keinen Impfstoff für Kinder unter 16 Jahre. Das heißt, es werden erst Studien mit all diesen Impfstoffen stattfinden für Kinder. Und da ist auch gut, wenn man eine Bandbreite hat. Und genauso natürlich: Falls ein Impfstoff aufgrund von Mutationen nicht mehr so wirkt, wird vielleicht ein anderer wirksam sein. Das heißt, die Entwicklung muss weitergehen und wird auch helfen, vor allem für Spezialgruppen, die Impfung auch zur Verfügung zu stellen.

Lisa Baumgartner
Eine letzte Frage: Für alle diejenigen, die jetzt Informationen sammeln über die Impfstoffe, was sind die drei wichtigsten Facts, die wir wissen sollten?

Herbert Wank
Also die drei wichtigsten Facts sind, dass die Impfungen, sowohl die mRNA Impfung als auch die Adenovirus Impfung, sicher sind. Das heißt, die sind erprobt in vielen Impfungen und vielen Tests. Und auch die bisherigen Impfungen in der Bevölkerung haben gezeigt, dass es keine großen Problematiken in dieser Richtung gibt. Über die Wirksamkeit wird die nahe Zukunft entscheiden. Wie wirksam das jetzt wirklich ist. Erste Studien zeigen, dass die Wirksamkeit sehr gut ist und dadurch es hoffentlich à la longue zu einer Entspannung der Situation kommen wird. Und was können wir noch sagen, was wichtig ist? Ja, lassen Sie sich impfen, würde ich sagen.

Lisa Baumgartner
Dankeschön, Herbert Wank Wir haben jetzt Mitte Jänner 2021 und es wird sich noch viel tun in der Impfstoff-Entwicklung gegen Covid-19.